Sauerländer Halbmond
Der Sauerländer Halbmond, auch Brackenhorn, Halbmond oder halber Mond genannt, ist ein großes, halbkreisförmiges Jagdhorn. Er wird aus Kupfer gefertigt und am Mundstück, Mittelteil und Stürzenrand mit Messing beschlagen.
Charakteristisch ist das Riemenzeug, auch Ledergehänge oder Hornsatz genannt.
Die Hornlänge (ohne Mundstück) liegt zwischen ca. 110 und 130 cm.
Der Durchmesser beträgt ca. 55 cm, das Gewicht bewegt sich zwischen 950 und 1 450 g.
Der Halbmond ist heute meist in B gestimmt, früher auch in C.
Er wird auf der linken Seite mit dem Schalltrichter nach hinten getragen.
Jester (1793) bemerkte in seine Jagdlehrbuch: "Am schönsten ist dazu unstreitig der alte halbe Mond, welcher aber wegen der Unbequemlichkeit beim Tragen jetzt ganz aus der Mode gekommen ist."
In den Gedicht "Die Jagd" von Annette von Droste-Hülshoff in der eine Brackenjagd auf Fuchs geschildert wird, findet der "halbe Mond" Erwähnung.
- siehe auch: Halbmond-Bläserkorps
- siehe auch: Halbmondbläser Brackenjäger Zollernalb
- siehe auch: Jagdhorn
- siehe auch: Jagdsignale
- siehe auch: Monde
Halbmond und Hornrufe
Halbmond und Hornrufe
Der Halbmond als jagdliches Signalinstrument ist mehr als 400 Jahre alt ist. Die ältesten gebogenen Metallhörner, die die Bezeichnung „Halbmond“ verdienen, begegnen uns in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert wird der Halbmond, auch Flügelhorn genannt, das Standardhorn der Jägerei in Europa. Seine Blütezeit erlebte er im 18. Jahrhundert.
Mit der Deutschen Revolution von 1848 kommt es in Folge der Bindung des Jagdrechts an Grund und Boden zu einem Bruch in der Tradition des Jagdhornblasens. Die adlige Jagd auf großen Jagdbezirken, bei denen Jäger, Treiber, Hundeführer und sonstiges Jagdpersonal auf ein weithin hörbares Verständigungsmittel angewiesen waren, wurde von der bäuerlich-bürgerlichen Jagd auf eigener Scholle oder kleinem Revier abgelöst. Bei der Suchjagd, oft als Einzeljagd betrieben, oder bei Stöberjagden mit wenigen Flinten brauchte man kein Signalinstrument. Lautes Rufen oder der Einsatz simpler Hupen genügte den Jägern der Biedermeierzeit.
Das Jagdhornblasen wurde nur noch bei den Jäger- und Schützenregimentern und bei der Forstpartie gepflegt. Zum Einsatz kamen aber nun das moderne gewundene Jägerhorn als Vorläufer des Fürst-Pless-Horns sowie Signalhörner unterschiedlichster Ausführung. Der altmodische Halbmond wurde – weil zu unbequem – fast vollständig aus der grünen Praxis verdrängt.
Er hatte ausgedient und zierte allenfalls noch die Wand des einen oder anderen Jägerhauses. Anders bei den Brackenjägern. Hier blieb der Halbmond weiterhin im Gebrauch. Bei ihnen gab es keinen Bruch in der jagdlichen Tradition. Wer mit Bracken in unübersichtlichem Gelände, auf Heiden, Mooren und Buschwaldungen jagte, brauchte ein Signalhorn, um die Hunde zu lenken und um sich mit seinen Mitjägern zu verständigen. Die Brackenjäger haben also, egal ob als adlige Herrenjäger, als bodenständige Bauernjäger oder als bürgerliche Jagdliebhaber, in ungebrochener Tradition am überkommenen Halbmond festgehalten und diesen gemeinsam mit den 13 bekannt gewordenen Brackenjagdsignalen aus Westfalen und Hannover in das 21. Jahrhundert hinübergerettet.
Damit sind die Brackenjagdsignale – der Brackenjäger spricht viel stimmungsvoller von Hornrufen – mit Sicherheit viel älter als unsere offiziellen Jagdsignale. Bei den offiziellen Deutschen Jagdsignalen handelt es sich – von den Totsignalen einmal abgesehen – ganz überwiegend um abgewandelte Militärsignale des 19. Jahrhunderts. So wie das Fürst-Pless-Horn auf das Signalhorn der preußischen Jägertruppen zurückgeht, griff man bei den Jagdleitsignalen auf den Fundus der Militärsignale zurück. Deshalb wundert es nicht, dass diese Signale, z.B. „Aufbruch zur Jagd“, „Das Ganze“, „Langsam treiben“ oder „Aufhören zu schießen“, kurz und prägnant sind; denn jeder Soldat musste sich die Signale einprägen und merken können. Den militärischen Ursprung verrät auch die Blasweise: Kurze, abgehackte Töne haben Befehlscharakter und unterstreichen das „zackige“ Erscheinungsbild des damaligen Militärs.
Ganz anders die Hornrufe der Brackenjäger: Fast alle Signale ahmen das Geläut der Meute nach, nehmen Bezug auf den Verlauf einer Lauten Jagd und werden „gerüdet“, d.h. die Töne werden miteinander verschliffen.
Besonders deutlich wird dies bei dem hannoverschen Brackenjagdsignal „Hase tot“, das noch heute von den Markendorfer Brackenjägern im Kreis Osnabrück geblasen wird. Es ist wohl das schönste Jagdsignal, das für Jagdhörner mit kleinem Tonumfang komponiert worden ist.
Der Brackenjäger „sieht mit den Ohren“. Das Geläut der Hunde verrät ihm, welches Wild die Bracken jagen, wie die Jagd verläuft und wie sie schließlich ausgeht.
Genau eine solche Brackade ahmt das hannoversche Signal „Hase tot“ nach:
Man hört das erste noch stotternde Lautgeben beim Finden der Hasenfährte. Die Bracken saugen sich auf der frischen Fährte fest; dann ihr jubelnder Aufschrei, wenn der Hase sichtig wird. – Die Laute Jagd kommt näher, entfernt sich, kommt wieder zurück – ein Schuss! Und bald darauf das plötzliche Abreißen des Geläuts, wenn die Bracken an das erlegte Wild kommen.
Diese Lautmalerei finden wir auch bei einem wohl allen Jägerinnen und Jägern bekannten Signal, dem offiziellen „Reh tot“. Dieses Signal geht mit ziemlicher Sicherheit auf die Brackenjäger des märkischen Sauerlandes zurück. Sie bliesen dieses Signal, als es noch gang und gäbe war, auch Rehe vor den Bracken zu schießen. Gustav Böcker aus Iserlohn hat es vor dem Ersten Weltkrieg in Noten setzen lassen und dem „Deutschen Bracken Club (DBC)“ überliefert.
Bei der etwas kürzeren Fassung der märkischen Brackenjäger wird aber nicht das Geläut der Bracken nachgeahmt, sondern die Bewegung des Rehs. Mit den ersten Akkorden sieht man das Reh in grazilen Sprüngen auf den Schützen zukommen; es verhofft, nimmt den Jäger wahr und will sich mit einer hohen Flucht retten; doch da bricht der Schuss – in der Brackenjagdfassung ein Doppelschuss – und setzt dem Leben des Rehleins ein abruptes Ende. Es folgt als Anhang leicht abgewandelt die bekannte Tot-Fanfare „Halali“.
Der Merkvers zu diesem Signal könnte lauten:
„Reh läuft an, Reh läuft an; plötzlich es verhofft – panische Flucht, zwei Schuss! Halali, Halali!“.
Warum fehlt dieses Signal in der Sammlung der veröffentlichten Brackenjagdsignale, und wie fand es Eingang in die Sammlung der Deutschen Jagdsignale? Als das Signal in Noten gesetzt wurde, gab es bereits die vom DBC herausgegebene Sammlung der westfälischen Brackenjagdsignale. Ein Nachtrag ist wohl aufgrund des Ersten Weltkrieges und der schweren Nachkriegszeit unterblieben. Und als man die Jagdsignale während des Nazi-Regimes neu ordnete, waren der Schrotschuss auf Schalenwild und der Abschuss von Rehen vor den Bracken verboten. Ein Brackenjagdsignal „Reh tot“ hatte also seine jagdpraktische Bedeutung verloren.
Nun ist das Signal „Reh tot“ bereits um 1880 in seiner heutigen Form veröffentlicht worden. Daraus könnte man schließen, dass ein musikbegeisterter Brackenjäger des Sauerlandes eine „Anleihe“ gemacht hat, die dann im märkischen Sauerland eine gewisse Verbreitung gefunden hat. Dabei ist aber zu bedenken, dass damals der Abschuss von Rehen vor den Bracken weit verbreitet war, so dass es sich doch um ein altes Brackenjagdsignal handeln kann. Dafür spricht auch, dass die hannoverschen Brackenjagdsignale neben dem „Hase tot“ auch ein „Reh tot“ kennen.
Im Übrigen ist das „Reh tot“ der märkischen Brackenjäger kürzer und „schnörkelloser“. Es gibt exakt die oben beschriebene Jagdszene wieder, während die offizielle Version feierlicher wirkt und damit mehr die Freude des Schützen über den jagdlichen Erfolg auszudrücken scheint. Dies kommt auch in dem Merkvers von Walter Frevert zum Ausdruck: „Bock ist tot, Bock ist tot! Einen Bock, den schiess ich gern, sechs Enden trägt sein Gehörn. Halali! Halali!“ Das Signal hat also einen Wandel erfahren. Von der objektiven Schilderung einer Rehjagd hin zur subjektiven Stimmungsäußerung des erfolgreichen Jägers. Das alles spricht dafür, dass die Version der märkischen Brackenjäger die ursprünglichere ist. Außerdem ist der Zeitpunkt, wann und von wem ein Signal erstmals in Noten gesetzt worden ist, noch kein Beweis für Urheberschaft und Alter.
Die Wiedereinführung und Erneuerung der Deutschen Jagdsignale verdanken wir dem Fürsten Hans-Heinrich XI. von Pless in Schlesien. Unterstützt wurde er hierbei von dem musikbegabten Buchhändler Rosner. Nach Wildmeister W. Bezzel soll Rosner die Noten für die Totsignale entworfen haben, und wenn sie den Vorstellungen des Fürsten nicht entsprachen, soll dieser sie entsprechend abgeändert haben. Dabei sind sicherlich nicht alle Totsignale neu komponiert worden. Sofern passend erscheinende Signale bekannt waren, dürften diese übernommen und ggfs. überarbeitet worden sein. 1878 gab Rosner ein kleines Büchlein für Jagdsignale heraus, das bereits alle für das Wild heute noch gebräuchlichen Signale enthielt.
Das märkische Sauerland und Schlesien gehörten damals zu Preußen; die Grafschaft Mark bereits seit 1614, Schlesien seit 1763. Einen Transfer von lokalen oder regionalen Jagdsignalen hat es sicherlich über die preußische Forstverwaltung und die Jäger- und Schützenregimenter gegeben, die sich bevorzugt aus Forstanwärtern, Berufsjägern und Jagdliebhabern rekrutierten. So ist es durchaus denkbar, dass ein Forstmann oder Jäger, aus der Provinz Westfalen nach dem Osten versetzt, die ihm geläufigen Signale – in diesem Fall das „Reh tot“ der märkischen Brackenjäger – in seinem neuen Wirkungskreis bekannt gemacht hat. Damals war es in Preußen üblich, Beamte fern von ihrer Heimat einzusetzen, um Kumpaneien der Staatsdiener mit ihren Landsleuten auszuschließen.
Wer hat nun diese wunderschönen Signale komponiert?
Wir werden es nie ergründen; denn all diese Hornrufe sind im Laufe von Jahrhunderten entstanden, wurden von Generation zu Generation mündlich überliefert und sind nach dem persönlichen Geschmack einzelner Bläser verändert worden. Erst durch die Aufzeichnung und Veröffentlichung der Noten ist eine „Versteinerung“ der Signale erfolgt. Doch auch diese ist nicht vollständig; denn die Markendorfer Hornführer blasen die hannoverschen Hornrufe schon wieder etwas anders, als sie uns Karl Depker in den 30‘er Jahren des letzten Jahrhunderts überliefert hat. Hier haben wir es mit einer wirklich lebendigen Tradition zu tun.
Doch eines wissen wir ganz genau: Die jeweiligen Komponisten müssen selbst begeisterte Brackenjäger gewesen sein. Denn zu einer solch realistischen wie klangvollen Lautmalerei ist nur fähig, wer nicht nur hoch musikalisch ist, sondern auch die Brackenjagd mit all ihren Reizen persönlich erlebt hat. Wir können daher unterstellen, dass unsere Brackenjagdsignale ursprünglicher sind und tiefere jagdliche Wurzeln haben als die heute gebräuchlichen Deutschen Jagdsignale.
Heute erklingen die hannoverschen Hornrufe noch regelmäßig auf den Brackenjagden der Markendorfer Brackenjäger. Im Sauerland hörte man bis vor wenigen Jahren noch die westfälischen Hornrufe „Aufbruch zur Jagd“ sowie die Rufe „Hunde los“ und „Hunde aufkoppeln“ jeweils in Verbindung mit dem An- und Abblasen der großen Treiben. Sie wurden auf den Halbmonden geblasen. Es waren Mitglieder des Halbmond-Bläserkorps des DBC und einige besonders passionierte Brackenjäger, die diese Tradition aufrecht hielten. Leider sind die Brackenjagden auf Hase und Fuchs im Sauerland fast gänzlich zum Erliegen gekommen, so dass auch die alten Hornrufe ihre praktische Bedeutung fast verloren haben. Umso mehr haben sie einen festen Platz im Repertoire des Halbmond-Bläserkorps des DBC verdient.
Halbmonde erzählen Geschichte(n)
Halbmonde erzählen Geschichte(n)
Die Bindung des Jagdrechts an Grund und Boden ist das Ergebnis der Französischen Revolution (1789 – 1799) und der Deutschen Revolution von 1848. Bis dahin beanspruchten die Landesherren (Fürsten) die Jagd als ein auf sie überkommenes Königsrecht (Regal). Dieses Jagdregal war aber im Laufe der Jahrhunderte stark zersplittert. Könige und Landesherren hatten die Jagdgerechtigkeit an Vasallen, Klöster und Städte durch Schenkungen oder Belehnung vergeben. Viele Adlige beanspruchten Jagdrechte, weil sie “seit unvordenklichen Zeiten“ diese Rechte ausgeübt hätten und in der Ausübung auch nicht gehindert worden wären. Langsam entwickelte sich die Auffassung, dass die Jagd auf Rotwild und Schwarzwild prinzipiell dem Landesherren zustehe, die Jagd auf Rehe, Hasen, Füchse und Federwild aber dem landsässigen niederen Adel. Daher rühren die Begriffe „hohe Jagd“ und „niedere Jagd“ sowie die heute noch übliche Einteilung in Hochwild und Niederwild.
Da der Landesherr aber nicht überall die hohe Jagd selbst ausüben konnte, tat er dies zuweilen durch seinen örtlichen Vertreter, den Amtmann oder Drosten. Vielfach beanspruchte er aber nur die Vorjagd, das Recht zu Beginn der Jagdsaison als Erster die hohe Jagd auszuüben. Danach durften auch andere jagen.
Verbreitet waren sog. Koppeljagden, bei denen das Jagdrecht zwei oder mehreren Personen zustand. Diese Jagden waren in der Regel völlig überjagt und fast wertlos. Das Jagdrecht konnte verpachtet, verpfändet oder verkauft werden, was vielfach geschah, wenn die Inhaber in Geldnöte gerieten. Die Grenzen waren oft unklar. Rechtsstreitigkeiten, wer denn wo und wann und auf welche Wildarten zur Jagd berechtigt sei, beschäftigten immer wieder die Gerichte. Solche Prozesse zogen sich oft über Jahrzehnte hin und konnten nur selten zu einem Ende gebracht werden.
Im 17. und 18. Jahrhundert gab es große Gebiete, in denen die hohe und niedere Jagd dem Landesherrn zustand. Hierbei handelte es sich meist um Wildbanngebiete aus der Zeit der fränkischen Könige (Arnsberger Wald, Kottenforst bei Bonn, Königsforst bei Köln, Klever Reichswald u.a.). In anderen jagdlich interessanten Bereichen behielt sich der Landesherr das Recht der hohen Jagd vor. Ansonsten stand die Jagd den Besitzern der adligen Häuser, insbesondere den Inhabern der sog. landtagsfähigen Rittersitze, in der jeweiligen Gemarkung zu.
In dieser Zeit war der Halbmond, im 17./18. Jahrhundert auch Flügelhorn genannt, in Frankreich, den Niederlanden und in Deutschland das Standardhorn der Jägerei – vergleichbar dem Fürst-Pless-Horn heutzutage. Nur für die Parforcejagd, die Chasse à courre, auch Französische Jagd genannt, benutzte man das große mehrwindige Parforcehorn. Das Hifthorn, aus dem Horn eines Rindes gefertigt, hatte spätestens im 18. Jahrhundert nur noch dekorativen Charakter. Insbesondere Adlige trugen Hifthörner an prunkvollen Hornfesseln, obwohl sie meist keinen „Hief“ (Hornstoß) hervorbringen konnten.
Halbmonde wurden aber nicht nur als Signalhörner auf der Jagd gebraucht; auch bei den regelmäßigen Begehungen von Jagd-, Hutungs-, Weide- und Forstgrenzen (im Sauerland „Schnadezüge“ genannt) wurde auf Halbmonden geblasen, um die hergebrachten Besitz- und Nutzungsansprüche „lautstark“ zu dokumentieren.
So wird 1681 vom Soester Jagdschnadezug – die Stadt Soest besaß umfangreiche Jagdrechte, über die sie immer wieder mit ihren Nachbarn, insbesondere dem Kölner Kurfürsten stritt – berichtet, dass die Jagdgrenze den Mawicker Mühlenkolk (bei Werl) durchschnitt. Bei der Grenzbegehung ritt daher ein Stadtjäger mitten in den Kolk hinein und blies auf dem „halben Mond“, worauf die Jagdinteressenten eine Salve aus ihren Gewehren abfeuerten.
Als Zeichen gerechter Jagd spielten die Halbmonde auch bei Streitigkeiten um das Jagdrecht eine wichtige Rolle. Halbmonde, die man (vermeintlich) widerrechtlich jagenden Personen abgenommen hatte, wurden wie Trophäen behandelt und oftmals graviert. So wechselte bei Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Soest und den Besitzern des adeligen Hauses Nehlen (bei Welver) ein Halbmond mehrfach die Fronten.
Auf dem Horn ist eingraviert: „1702, den 9ten February, Bin Ich Bei Windthovel von denen Söest Mit gewalt genommen. 1720, den 3ten January, Bin ich durch Urthel (= Urteil) und Recht von die von Söest nacher Nehlen wider gesanden. Dieses Hatt der Herr Canonicus Heiman dahin gebracht. Ich aber nehme mein voriges ampt wider in acht. Ich jage meinen Schnaedt (= Grenze) von Borgel, Windthovel und Blomenradt vorbei und mache wie zu vohrn ein Lustiges Jäger Geschrei“.**
Dieser Halbmond befindet sich in Privatbesitz. Er wurde 1988 in der großen Ausstellung „Jagd und Wild im kurkölnischen Sauerland“ im Sauerland-Museum in Arnsberg gezeigt.
Dr. Friedrich Jungklaus (1875 – 1953), der beste Brackenkenner seiner Zeit, berichtet von einem Halbmond aus der Gegend von Lingen im Emsland. Auf dem Halbmond findet sich die Gravur: „1771, den 5. Oktober, ist dieses Jagdhorn den Wietmarschener Jägern im Lohner Els – Bruch von den Jägern des Domkapitulars Freiherrn von Twickel nebst 3 Jagdhunden (=Bracken), 2 Windhunden und beiden Flinten wie auch Jagdholstern (=Jagdtaschen) und Jagdgerätschaften abgenommen worden.“
Der Verbleib dieses Halbmondes ist unbekannt.
Seit ein paar Jahren ist der Autor stolzer Besitzer eines historischen kupfernen Halbmondes, der ein Stück DBC-Geschichte widerspiegelt. Dieser Halbmond ist wie folgt graviert:
Schloss Bodelschwingh zu Bodelschwingh 1815 F. W. Neuhaus. Förster zu Bodelschwingh. 1848. Heinr. Ostermann. Schnee am Kiekut 1855. August Schöneberg. Witten 1923
Wir sehen, dass der Halbmond ursprünglich zum Schloss Bodelschwingh gehörte. Bodelschwingh ist eine der malerischsten Wasserburgen Westfalens. Sie liegt im gleichnamigen Ort, der heute ein Stadtteil von Dortmund ist. Mit dem Aussterben der Freiherren von Bodelschwingh übernahmen die Freiherren von Plettenberg auf Haus Bamenohl (Finnentrop) 1788 den Besitz. Damit der Name v. Bodelschwingh nicht unterging, nannten sich die neuen Herren von Bodelschwingh-Plettenberg. Sowohl auf Haus Bodelschwingh als auch auf Haus Bamenohl wurde mit Bracken gejagt. Das wissen wir aus den Aufzeichnungen von Graf Karl v. Bodelschwingh-Plettenberg (1821 – 1907).
1865 wurde die Brackenmeute auf Haus Bamenohl aufgelöst. Die besten Hunde gingen an den Freiherrn von der Recke auf Haus Uentrop (Hamm-Uentrop), die anderen wurden an örtliche Jäger in Bamenohl, Finnentrop und Fretter verschenkt. Von Haus Uentrop gibt es eine Lithografie aus dieser Zeit, auf der man einen Jäger mit 5 gekoppelten Bracken erkennen kann.
Die an die örtlichen Jäger verschenkten Bracken stellten den Grundstock für die Zucht der Finnentroper Holzbracke dar, die der 1896 gegründete DBC eifrig förderte. Unsere heutigen Deutschen Bracken haben daher ihre wichtigste züchterische Wurzel in den Hunden der Bamenohler Meute. 1848 erhielt Förster Neuhaus von Schloss Bodelschwingh den Halbmond – vielleicht als Geschenk für treue Dienste. Vielleicht aber auch deshalb, weil die umfangreichen Jagdrechte der adligen Häuser auf fremdem Grund und Boden durch die Revolution von 1848 abgeschafft worden waren. Es gab weniger zu jagen. Für großflächige Bracken oder sonstige Gesellschaftsjagden auf Bodelschwingh fehlten vielleicht die nötigen Flächen.
Von dem nächsten Besitzer Heinrich Ostermann, der 1855 den Halbmond übernahm, ist nichts Näheres bekannt. „Schnee am Kiekut“ ist eine Ortsbezeichnung: Schnee ist ein Ortsteil von Dortmund, “am Kiekut“ ist wahrscheinlich der Wohnplatz.
August Schöneberg (1865 – 1939) ist wieder eine bekannte Persönlichkeit. Er war von der Gründung des Westfälisch-Rheinischen Dachsbracken-Klubs im Jahre 1906 bis zu seinem Tod Vorsitzender des Klubs bzw. der Fachschaft Westfälische Dachsbracke. 1923 hat er den Halbmond erhalten. Auf mehreren Fotos der 1930er Jahre sehen wir ihn mit seinen Westfälischen Dachsbracken und eben diesem Halbmond. Der Halbmond von Schloss Bodelschwingh vereinigt damit in besonderer Weise die Traditionen der Deutschen Bracke und der Westfälischen Dachsbracke.
Weitere Informationen
Literatur
- Elsbergen, Heimo van: Lexikon der Brackensprache. "A-H" Teil 1/3, In: Brackenzeitung, 1/2012, S. 27-34
- Elsbergen, Heimo van: Halbmonde erzählen Geschichte(n). In: Brackenzeitung, 4/2012, S. 51-53
- Elsbergen, Heimo van: Halbmonde erzählen Geschichte(n). In: Brackenzeitung, 2/2014, S. 20-25
- Jester, Friedrich Ernst: Die kleine Jagd. Zum Gebrauch angehender Jagdliebhaber. Königsberg: Nicolovius, 1793.
Einzelnachweise
- ↑ Halbmond und Hornrufe. aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 06.08.2023)
- ↑ Halbmonde erzählen Geschichte(n). aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 06.08.2023)