Wolf

Aus Jagdfibel
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Wolf
Systematik
Ordnung Raubtiere (Carnivora)
Überfamilie Hundeartige (Canoidea)
Familie Hunde (Canidae)
Tribus Echte Hunde (Canini)
Gattung Wolfs- und Schakalartige (Canis)
Art Wolf
Unterart *Europäischer Wolf (Canis lupus lupus)
Wissenschaftlicher Name
Canis lupus
(Linnaeus, 1758)
Paarungszeit
Tragzeit
Setzzeit
Anzahl des Jungwildes

Der Wolf (Canis lupus) ist ein Raubtier (Carnivora) aus der Familie der Hunde (Canidae).



siehe auch: Deutsche Wolfsgemeinschaft
siehe auch: Freundeskreis freilebender Wölfe
siehe auch: Gesellschaft zum Schutz der Wölfe
siehe auch: Wildbiologisches Büro LUPUS
siehe auch: Wolfcenter
siehe auch: Wolf Science Center

Von Ernst-Otto Pieper [1]

Kennzeichen:

  • Ähnelt einem großen Haushund.
  • Seher setzen schräg an und sind von hellbrauner bis gelber Färbung.
  • Die buschige Rute hat etwa ein Drittel der Kopf-Rumpf-Länge.

Balg:

  • Sehr variable Färbung (schwarze, weiße, cremefarbene, gelbliche, rötliche und graue). In den gemäßigten Zonen Europas und Asiens überwiegen graue Wölfe. In den nördlichen Populationen ist der Anteil schwarzer und weißer Wölfe größer.

Größe / Gewicht:

  • Meist deutlich größer als ein deutscher Schäferhund. Er ist der größte Vertreter der Familie der Hundeartigen.
  • Mitteleuropäische Wölfe: Gewicht der Rüden: 35 – 67 kg; Wölfin 27 – 50 kg.
  • Kopf-Rumpflänge: Rüden durchschnittlich 119 cm; Wölfin 111 cm.
  • Widerrist: Rüden 70 – 90 cm; Wölfin 60 – 80 cm.
  • Wölfinnen sind um 2 – 12% kleiner als Rüden und 20 – 25% leichter.

Vorkommen:

  • Ursprüngliche Verbreitung fast auf der gesamten nördlichen Halbkugel. Heute lebt der Wolf nur noch auf einem Drittel seiner ursprünglichen Verbreitungsfläche. In Europa sind die Bestände sehr lückenhaft.

Lebensraum:

  • Aufgrund seiner großen Anpassungsfähigkeit, lebt er in sehr unterschiedlichen klimatischen Zonen.
  • Wichtig sind ausreichend Beutetiere und Rückzugsräume.

Lebensweise:

  • Bei starker Beunruhigung durch Menschen überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv (angepasst an Verhalten der Beutetiere).
  • Legt regelmäßig weite Strecken zurück (mehr als 20 km pro Nacht).
  • Ausdauerläufer, kann kurzfristig Geschwindigkeiten über 50 km/h erreichen.
  • Guter Schwimmer.

Rudel:

  • Die in Deutschland lebenden Wolfsrudel entsprechen einer Familie (1 Elternpaar mit ihren Nachkommen).
  • Das meist ein Leben lang zusammenbleibende Elternpaar führt das Rudel an. Nur sie paaren sich und bekommen Nachwuchs.
  • Mit Erreichen der Geschlechtsreife wandern die Jährlinge ab um ein eigenes Rudel zu gründen.
  • Eine oftmals zitierte Rangfolge mit den „Alphatieren“ und einem „Omegawolf“ am unteren Ende der Hierarchie existiert bei den in Deutschland vorkommenden Wölfen aufgrund der Rudelstruktur bzw. Familienstruktur nicht. In anderen Ländern (z.B. Asien und Kanada) gibt es größere Wolfsrudel.
  • Die Größe der Rudel ist abhängig von der Größe der Beutetiere.

Aktionsraum:

  • Etwa 200 km² für ein fünfköpfiges Rudel. In der Lausitz beträgt die Wolfsdichte etwa 3 Wölfe/100 km².
  • Das von einem Rudel besetzte Territorium wird mittels Duftmarken (Kot, Urin), Sichtmarken (Kot, Scharrstellen) und Heulen markiert. Bei ihren Wanderungen setzen Wölfe etwa alle 350 m Urinmarken ab. Im Bereich der Territoriumsgrenzen wird besonders intensiv markiert.

Nahrung:

  • Fleischbedarf pro Tag 3 – 4 kg. Kann bis zu 10 kg auf einmal aufnehmen, aber auch mehrere Tage hungern.
  • Gilt als „Gesundheitspolizei“.
  • In der Nahrungswahl extrem anpassungsfähig.
  • Beutetiere sind mittelgroße bis große Schalenwildarten (Huftiere). In Mitteleuropa vorwiegend Rotwild, Rehwild, Schwarzwild, aber auch Aas, Früchte und Kleinsäuger.
  • Beutehetzer

Alter:

  • 10 – 13 Jahre; Alter in Gefangenschaft bis 17 Jahre.
  • Höchste Sterblichkeit in den ersten beiden Lebensjahren .

Zähne:

Zahnformel
I C P M
Oberkiefer 3 1 4 2
Unterkiefer 3 1 4 3

Sinne:

  • Gutes Nachtsehvermögen.
  • Blickwinkel 250° (Mensch 180°).
  • Vernimmt gut (hört Töne bis 40 kHz). Kann das Heulen anderer Wölfe auf eine Entfernung von 9 km vernehmen.
  • Windet sehr gut (Oberfläche der Riechepithels beim Wolf 130 cm², beim Mensch 5 cm²).

Duftdrüsen:

  • Viole an der Oberseite der Rute.
  • Geruch spielt beim individuellen Erkennen der Rudelwölfe und ihres gegenwärtigen Zustandes (z.B. Läufigkeit) sowie bei der territorialen Besitzanzeigen (Urin- und Kotmarkierungen) eine wichtige Rolle.

Lautäußerungen/Kommunikation:

  • Heulen als akustische Kontaktaufnahme mit Artgenossen und zur Markierung des Territoriums.
  • Großes Repertoire an Gesichtsausdrücken, Lauten, Gesten, Körpersprache, Körperhaltung und Mimik. Zur Anpassung an das Leben im Rudel und zum Ausdruck des sozialen Ranges gegenüber Artgenossen.
  • Die Wölfin heult, wenn sie ihre Welpen sucht. Die Welpen heulen, wenn sie ihre Mutter suchen.

Fortpflanzung:

  • Ranzzeit: Januar bis März. Die Wölfin ist etwa 7 Tage empfängnisbereit.
  • Die Paarung wird durch das „Hängen“ abgeschlossen.
  • Tragzeit: 61 – 64 Tage (63).
  • Wurfzeit: April – Mai .
  • Vor dem Werfen wird eine Höhle gegraben oder von anderen Tieren übernommen (Wurfbau).
  • Wurfgröße: meist 4 – 6 Welpen.
  • Die Welpen werden blind, taub und mit feinen, dunklen Balghaaren gewölft. Die ersten Zähne sind erkennbar. Ihr Gewicht beträgt dann 300 bis 500 g.
  • Die Seher öffnen sich nach 11 bis 15 Tagen; dann können sie auch laufen, knurren und kauen.
  • Ab etwa 20. Tag können sie vernehmen.
  • Die Welpen erscheinen nach etwa 3 Wochen vor dem Wurfbau. Ab diesem Alter können sie feste Nahrung aufnehmen.
  • Die mit Nahrung zurückkehrenden Rudelmitglieder werden von den Welpen am Maul beschnuppert und deren Schnauze mit der eigenen Schnauze umklammert, bis sie Nahrung auswürgen.
  • Säugezeit: 6 – 8 Wochen.
  • Im Alter von 3 – 4 Monaten erste Streifzüge mit den Eltern.
  • Etwa im Alter von einem Jahr ist das Skelettwachstum abgeschlossen.
  • Geschlechtsreife: nach etwa 22 Monaten.

Losung:

  • Ist der eines großen Hundes sehr ähnlich.
  • Wird häufig an erhöhten Stellen abgesetzt.

Spur:

  • Wölfe setzen ihre Hinterpfoten in die Abdrücke der Vorderpfoten, im Rudel laufen sie hintereinander und setzen ihre Pfoten in die Abdrücke des Vorderwolfes. Daher entsteht bei Schneelage oft der Eindruck, dass man der Spur eines einzelnen Wolfes folgt, bis sich die Spur plötzlich in mehrere Individualfährten aufteilt.
  • Der Wolf schnürt, trabt und ist flüchtig.

Krankheiten:

  • Tollwut, Staupe, Parvovirose, Räude, Borreliose und andere Hundekrankheiten.

Schutz:

  • Der Wolf ist in Deutschland streng geschützt.

Weidmannsprache:

  • Gleiche Ausdrücke wie beim Fuchs; jedoch Wölfin (selten Fähe). Der Ruheplatz heißt Lager. Die vom Wolf gerissene Beute, der Raub, ist der Wolfsriss. Er wirft die Beute, wenn er sie niederzieht. Mehrere Wölfe sind ein Rudel (selten Rotte).

Von Ernst-Otto Pieper [2]

Historisches vom Wolf in Norddeutschland

Die letzte Eiszeit, die Weichsel-Eiszeit, begann vor etwa 115.000 Jahren und endete vor 11.700 Jahren. Seit dieser Zeit besiedeln Wölfe (Canis lupus) ohne Unterbrechung den mitteleuropäischen Raum – bis vor etwa 200 Jahren.

Seit dem 11. Jahrhundert gibt es zahlreiche bemerkenswerte schriftliche Hinweise auf sein Vorkommen in Deutschland und den damit verbundenen Konflikten zwischen Mensch und Wolf.

Hier nun einige Beispiele:

Adam von Bremen berichtet, dass 1070 bis 1072 Wölfe rudelweise unter den Mauern von Bremen heulen.

Nach dem Sachsenspiegel, ein in niederdeutscher Sprache von Eike von Repgow zwischen 1220 und 1235 verfasstes Rechtsbuch, ist die markgenossenschaftliche Jagd die Regel. Hierin wird u.a. erwähnt, dass Raubwild wie Bär, Wolf und Fuchs in den Bannforsten nicht besonders geschützt sind, sondern dem Recht auf freien Tierfang unterliegen.

Um 1500 ermöglicht im und am Harz die uneingeschränkte Abschussfreigabe das Kurzhalten von Fuchs, Wolf, Schwarzwild und Bär und in der Eilenriede von Hannover finden Wolfsjagden statt.

1575 beklagt Kaiser Maximilian II., dass der von wildernden Bauernhunden angerichtete Schaden am Wild höher sei als der von Wölfen. Um 1600 ist der Besatz an Wölfen zunächst nicht übermäßig hoch, doch breitet er sich besonders im Harz mit dessen Umgebung, in der Lüneburger Heide und in Ostfriesland mit Osnabrück, mehr und mehr aus.

Die Jagdordnung zu Erichsburg von 1603 befiehlt den Forstbediensteten das „Aufsuchen junger Wölfe bei Nacht und bei Tage“.

1615 ist es Pflicht der Jagd- und Forstbediensteten, „reißende Thiere“ – besonders Wölfe – gegen Empfang eines Schussgeldes von 2 Talern je Stück zu schießen.

Bereits wenige Jahre nach Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) haben sich die Wölfe so stark vermehrt, dass besondere Wolfsjagden durchgeführt werden.

Am 26.04.1647 gibt Herzog Friedrich von Gottorf (Schleswig-Holstein) die Erlaubnis, dass für jeden erlegten Wolf 2 Rthl gezahlt werden. Unregelmäßige Bejagung während des Dreißigjährigen Krieges und aufgrund des reichhaltigen Nahrungsangebotes durch verendetes Vieh und unbeschütztes Wild kann sich der Wolf in Deutschland, insbesondere in den Ostprovinzen, stark vermehren und ausbreiten. Er ist nun über ganz Niedersachsen verbreitet und hat auch in der Mark Brandenburg zugenommen. Ende des Krieges werden im Bereich des Jägerhofes von Celle 186 Wölfe erlegt. Im waldreichen Elm ist während des Dreißigjährigen Krieges der Wildbestand völlig vernichtet; nur Wölfe sind so zahlreich, dass sie das Vieh von den Weiden holen.

Am 29.01.1651 wird „Hanß Gronewaldt to Wietzen“ wegen versäumter Teilnahme an einer Wolfsjagd „im Utzer Bruche und Brande“ mit drei Groschen bestraft.

Die überhandnehmenden Wölfe des Sollings brechen 1659 in die Häuser von Stadtoldendorf ein. Ein Jahr später rät der Rat der Stadt Northeim von winterlichen Reisen in den Solling wegen der großen Wolfsgefahr ab. Nach einer Verfügung von Herzog Wilhelm muss jeder Förster einen alten Wolf schießen und den Balg frisch an das Amt liefern, ehe ihm Besoldung und Deputat verabfolgt werden darf.

Zwischen 1660 und 1685 werden in Schleswig-Holstein Wolfsjagden zu einer allgemeinen Landespflicht erklärt.

1666 werden bei einer Treibjagd in den Winzenburger Forsten 13 Wölfe erlegt und im Sackwalde nochmals 6 Wölfe.

In dem sehr strengen Winter von 1670 frieren die meisten Flüsse im Januar zu. In Wanna wird eine allgemeine Wolfsjagd für das ganze Land Hadeln veranstaltet.

Bei Osterode am Harz wird 1675 viel Rot- und Rehwild von Wölfen gerissen.

Um 1680 reißen im Amt Hütten (Schleswig-Holstein) Wölfe in wenigen Jahren 1275 Pferde und 255 Rinder.

Bei einer herzoglichen Jagd um 1700 im Elm bei Gr. Rhode kommen 196 Sauen, 8 Wölfe, 43 Rehe, 9 Hasen und 13 Füchse zur Strecke. In Menslage (Osnabrücker Land) wird ein Mädchen auf dem Kirchgange von Wölfen zerrissen. In jedem Februar finden im Emsland bis zur Jahrhundertmitte große allgemeine Wolfsjagden statt.

In den Folgejahren wird der Besatz an Wölfen und Luchsen deutlich weniger und das bisher nur vereinzelt vorkommende Rehwild vermehrt sich. 1718 reißt in den Waldungen bei Duisburg eine Wölfin 27 Fohlen der dort frei lebenden Wildpferde.

1723 werden während einer Treibjagd um Hermannsburg (NS) drei Wagen voll Wölfe erlegt.

Am 16.03.1740 findet im Regierungsbezirk Stade eine große Wolfsjagd statt.

Bei einem Fuchsprellen am 01.03.1751 in Dresden werden „zu Tode gequält“: 667 Füchse, 34 Stück Schwarzwild, 533 Hasen, 34 Dachse, 21 Wildkatzen, 3 Wölfe, 8 Marder, 22 Iltisse und 17 Kaninchen.

1754 wird bei Hornburg einer der letzten Wölfe des Harzes erlegt.

Am 16.01.1755 findet erneut eine große Wolfsjagd im Stader Raum statt.

Im Dorf Groß-Schönebeck bei Berlin befindet sich 1766 ein „Wolfs-Jagdzeug“, wozu 16 Wagen gehören, auf denen Netze, Leinen und Lappen transportiert werden, mit denen etwa 2 bis 3 km² Waldfläche umstellt werden können.

Bis 1770 ist der Wolf im Sauerland und in der Eifel bis 1872 heimisch. Hierbei soll es sich um Zuwanderer aus den Ardennen gehandelt haben, die über den zugefrorenen Rhein auf die östliche Rheinseite kamen und dann weiter bis nach Wittgenstein.

Zuwanderer kommen in Westfalen noch bis 1861 vor und in der Eifel noch bis 1900.

Einer der letzten Wölfe Ostfrieslands wird im März 1776 von Harm Claßen aus Coldinne erlegt. Bei Ochtersum wird dann 1795 der letzte Wolf Ostfrieslands erlegt.

Am 23.03.1798 wird der letzte Wolf des Brockengebietes von Graf Ferdinand von Wernigerode am Pfortenberg bei der Plessenburg erlegt. Auf einer vom König Jerome 1808 im Deister veranstalteten Jagd werden u.a. 14 Stück Rotwild und ein Wolf erlegt.

1820 gibt es in Mittel- und Ostdeutschland keine Luchse mehr und in der Nähe von Neumünster soll der letzte Wolf in Schleswig-Holstein geschossen worden sein.

Im Kreis Gifhorn (NS) wird 1839 bei Schönewörde ein Wolf erlegt und ein Jahr später bei Walsrode ebenfalls ein Wolf.

Am 17.09.1843 wird im Bleckgehege bei Walsrode (NS) ein Wolf erlegt, der ein Jahr lang viel Vieh in den Ämtern um das Lichtenmoor gerissen hat.

1845 wird zwischen Neustadt a.R. und Nienburg (NS) im Grinderwald ein Wolf erlegt. 1851 erlegt Förster Levecke einen Wolf im Wietzenbruch und im Forst Rundshorn bei Wieckenberg wird ebenfalls ein Wolf erlegt. Am 11.01. des gleichen Jahres wird in der Göhrde ein Wolf von Förster Weber erlegt. Am 18.10.1854 wird ein Wolf im Raum Ebstorf (NS) erlegt.

Der auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik vorläufig letzte Wolf wird am 27.02.1904 in der Lausitz (Sachsen) erlegt. Da es lange Zeit in der Gegend keinen Wolf mehr gab, vermutet man zunächst, dass ein ausgebrochenes Zirkustier die Wildrisse verursacht hat, weshalb der Wolf den Spitznamen „Tiger von Sabrodt“ (Ort vom ersten Riss) erhielt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wandern immer wieder Wölfe über Polen nach Deutschland ein. Mindestens 21 werden geschossen oder mit Fallen gefangen. Auch nach der Wiedervereinigung 1990 wandern immer wieder einzelne Wölfe nach Deutschland ein – sie werden zumeist geschossen, bevor es zu einer dauerhaften Ansiedlung kommt.

Erst Mitte der 1990er Jahre können eingewanderte Tiere überleben, und im Jahr 2000 ziehen Wölfe nach über 150 Jahren erstmals wieder in Deutschland Jungtiere in freier Wildbahn auf.

Quelle: Ritter, Friedrich; Norddeutsche Jagd-Chronik

Von Ernst-Otto Pieper [3]

Wolfsmanagement unter der Federführung von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (bis November 2008: Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft) ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Frankfurt am Main. Ihr Ziel: Naturforschung betreiben und die Ergebnisse der Forschung durch Veröffentlichung, durch Lehre und durch ihr Naturmuseum der Allgemeinheit zugänglich machen.

Derzeit ist die Gesellschaft Trägerin von sechs Forschungsinstituten, von denen vier umfangreiche wissenschaftliche Sammlungen unterhalten. Prof. Dr. Hermann Ansorge vom Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz schreibt in Senckenberg Natur – Forschung – Museum Band 141 Heft 1/2 2011: „Jetzt, wo die Wölfe wieder da sind, müssen vor allem die Menschen mehr über sie erfahren. Denn nur so gelingt es, die Konflikte zu entschärfen, die das Auftreten eines über Jahrzehnte abwesenden Großraubtieres in einer Kulturlandschaft mit sich bringt. Ein modernes „Wolfsmanagement“ maßregelt also nicht die Wölfe, sondern es richtet sich an die Menschen, die nunmehr mit den Wölfen leben“.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Sächsische Umweltministerium sowohl die fachliche Begleitung als auch die Koordinierung der Arbeiten in der Wolfsregion an das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz übertragen. Nunmehr sind das Wildbiologische Büro LUPUS, das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und die Senckenberg Forschungsstation in Gelnhausen für die wissenschaftliche Datenerfassung zuständig.

Seit Beginn der Arbeiten im Jahr 2001 wurden in Görlitz annähernd 2000 Losungen der Wölfe untersucht. Aus den Analysen konnten sowohl das Beutespektrum als auch die Biomasseanteile bestimmt werden. Der Anteil der erbeuteten Rehe ist auf hohem Niveau (Biomasse mehr als 50%); zu Beginn der Wolfsbesiedlung war der Anteil der Rotwild-Risse häufig, ist aber inzwischen auf ein relativ niedriges Niveau gesunken (Biomasse ca. 20%); Schwarzwild-Risse unterliegen jährlich erheblichen Schwankungen (Biomasse im Mittel unter 20%); Muffelwild, Hasenartige, Kleinsäuger und Haustiere spielen eine untergeordnete Rolle. Die in der Losung enthaltenen Beutetierreste geben wichtige Hinweise über das Beutetier selbst – so geben z.B. die Wachstumslinien im Zahnzement Auskunft über das Lebensalter und aus dem Fettgehalt im Knochenmark können die Wissenschaftler die physische Kondition der Beutetiere ablesen.

In Gelnhausen ist man auf genetische Analysen bei Wolf und Luchs spezialisiert. Mit Hilfe molekulargenetischer Methoden können u.a. Geschlecht, Verwandtschaftsgrad, Herkunft, Reinerbigkeit und Inzucht bestimmt werden – alles wichtige Erkenntnisse für ein effizientes Wolfsmonitoring. Eindeutig lässt sich auch die Frage beantworten, ob ein tot aufgefundenes Haustier wirklich von einem Wolf oder einem wildernden Hund gerissen wurde. Weitere Untersuchungen sollen Auskunft über die in Deutschland lebenden Individuen, deren Wanderbewegungen und über die Rudelstrukturen geben.

Die von Senckenberg mit seinen Standorten in Görlitz und Gelnhausen geleistete Arbeit trägt hoffentlich dazu bei, dass Wolf und Mensch in Deutschland auf Dauer miteinander auskommen können.

Quelle: Senckenberg Band 141 Heft 1/2 2011

Weitere Informationen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Wolf. aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 04.08.2023)
  2. Historisches vom Wolf in Norddeutschland. aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 04.08.2023)
  3. Wolfsmanagement unter der Federführung von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 04.08.2023)