Geschoss

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Das Geschoss ist der Wirkkörper der Munition. Es wird durch die heißen Verbrennungsgase des Treibladungsmittels durch den Lauf getrieben, welcher es in die gewünschte Richtung lenkt. Im Ziel gibt es die ihm erteilte Energie auf den Wildkörper ab.

Bei Schrotpatronen werden viele kleine Metallkugeln als Geschosse verwendet. Die Menge der Kugeln wird in Gramm als Vorlage bezeichnet. Als Körnung wird der Durchmesser der einzelnen Kugeln bezeichnet.

Während die Vorlage in früheren Zeiten durchweg aus Blei bestand, kommen heute zunehmend auch andere Metalle wie z.B. Weicheisen und Wismut zum Einsatz.

Bei Kugelpatronen verwendet man einen zylindrischen Körper als Geschoss. Moderne Geschosse bestehen meist aus einem Bleikern, der mit einem Tombakmantel versehen ist. Allerdings gibt es auch hier seit einiger Zeit Bestrebungen, das Blei gegen andere Stoffe auszutauschen.

Hinsichtlich der Konstruktion, Formgebung und Zusammensetzung gibt es ein nahezu nicht zu überschauendes Angebot an Geschossen.

Kaliber- und Geschosswahl nach Zielwirkung

von Christoph Pirker

Die Auswahl eines Kalibers und eines dazu passenden Geschosses hängt von der Wildart ab, die wir bejagen wollen. Hier ist das Wildgewicht eine der bestimmenden Größen. Hierbei geht es einmal um den Zielwiderstand des Wildkörpers, der die Wirkung mitbestimmt, zum andern um die Penetration mit der Wahrscheinlichkeit eines Ausschusses für die Verbesserung der Sofortwirkung wie für ausreichend Schweiß in der Fluchtfährte in schwierigem Gelände.

Auch die Jagdart und das Gelände, in dem wir jagen, spielen eine wichtige Rolle. Beunruhigte Wildtiere sind schusshärter als vertraut äsende. Besonders für Drückjagden wie für Gebirgsjagden brauchen wir schneller wirkende Kaliber-Geschoss-Kombinationen als bei Ansitzjagden im oder am Wald auf vertrautes Wild. Auch in der Brunft sind viele Wildtiere schusshärter als im restlichen Jagdjahr. In steilem, felsigen Gelände ist eine besonders hohe Sofortwirkung ebenso wichtig wie ein Geschoss, das auf weite Distanz noch gut wirkt, wie auch bei unterschiedlichen Auftreffwinkeln.

Auf große Distanzen kommt es nicht nur auf die nötige Energie des Geschosses an, sondern auch auf eine möglichst geringe Windabweichung. Hierfür ist ein optimales Verhältnis zwischen Geschossgewicht, BC und Geschwindigkeit ebenso gefragt wie die bestmögliche Präzision des Geschosses aus der eigenen Büchse.

Die Bedingungen der Jagd spielen also für die Wahl des Kalibers wie die des Geschosses eine wichtige Rolle, nicht nur das Gewicht der gewählten Wildart. Jäger, die Wild unterschiedlicher Größe und Stärke bejagen wollen, wählen ihr Kaliber stets nach der schwersten Wildart, so wie ein Geschoss, das auf unterschiedliche Wildarten und Distanzen gut wirkt.

Ein wesentliches Kriterium für eine hohe Augenblickswirkung ist die Ziel- oder Auftreffgeschwindigkeit des Geschosses. Ebenso entscheidend ist die Konstruktion, die das Verhalten und die Wirkung eines Geschosses im Wildkörper mitbestimmt. Große Geschossdurchmesser und hohes Geschossgewicht allein sichern noch keine hohe Stoppwirkung, wenn die Zielgeschwindigkeit nicht ausreicht, damit das Geschoss noch wirken kann. Langsame Kaliber wirken nur mit weichen Teilzerlegern ausreichend schnell. Große Kaliber mit schweren, festen Geschossen und entsprechend geringer Zielgeschwindigkeit sind spezialisiert auf Großwild mit dicker Haut, massiven Knochen und viel Masse. Um auf schwächeres Wild bei geringer Zielgeschwindigkeit noch genügend Energie abzugeben, muss ein Geschoss „weich“ reagieren und die erwünschte Tiefenwirkung aus hoher Querschnittsbelastung beziehen.

Die Vorstellung ‚viel hilft viel‘ trifft gerade bei zu schweren Geschossen nicht wie erwartet zu, wenn die Zielgeschwindigkeit dadurch zu gering wird.

Die Größe des Ausschusses wird nicht allein vom Durchmesser des aufgestauchten Geschosses bestimmt, sondern v. a. von der dem Geschoss vorauseilenden Druckwelle. Diese hängt vor allem von der Zielgeschwindigkeit des Geschosses ab.

Besonders Deformationsgeschosse brauchen eine ausreichend hohe Zielgeschwindigkeit, eine deutlich höhere als Teilzerlegungs-Geschosse, um eine ausreichende Augenblickswirkung zu erzielen.

Jedes Geschoss hat seine optimale Zielgeschwindigkeit. Man spricht vom sog. Wirkfenster eines Geschosses, das v.a. von der Konstruktion des Geschosses abhängt. Dieses Wirkfenster bestimmt auch die maximale Einsatzdistanz einer Kaliber-Geschoss-Kombination. Hierbei gilt der Grundsatz, dass jedes Extrem die Effektivität verringert, also zu schnelle und zu langsame Geschosse eine geringere Wirksamkeit bringen als solche mit einer optimalen Zielgeschwindigkeit. Für fast alle Geschosse liegt das Optimum zwischen 900 und 700 m/s, wobei schnell ansprechende Teilzerleger auch mit 600 m/s noch gut wirken, wenn sie noch ausreichende Energie ins Ziel bringen.

Dünne Wildkörper wie die des Rehwilds bieten dem Geschoss wenig Zielwiderstand, was vor allem die Wirksamkeit von Kupfersolids auf Reh und Gams erheblich mindern kann.

Rehjäger haben oft einen unrealistisch hohen Anspruch an Wildbretschonung. Hierfür empfehlen sich Geschosse mit geringer Zerlegung, die aber bei bei reinen Lungentreffern, vor allem aber bei Weichschüssen keine ausreichende Augenblickswirkung liefern, besonders, wenn zwecks Wildbretschonung zu langsame Kaliber- Geschoss-kombis gewählt werden. Schwere und langsame Kombinationen stoßen dann auf größere Distanzen schnell an ihre Wirkgrenzen.

Dies bedeutet für der Praxis, dass man mit harten Verbund- oder Deformationsgeschossen auf schwaches Wild nur mit einem Blattschuss eine ausreichende Augenblickswirkung erzielt, besonders wenn das Geschoss noch mit einer geringen Zielgeschwindigkeit auftrifft. Die Ziel- oder Auftreffgeschwindigkeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine hohe Stopp- oder Augenblickswirkung, ganz besonders bei weichen Treffern, die die Wirksamkeit eines Geschosses erheblich mindern.

Das Kaliber bezeichnet den Geschossdurchmesser, die Geschwindigkeit des Geschosses wird aber v. a. von der Pulvermenge in der Patrone bestimmt, also vom Volumen der Hülse. So haben altbewährte Kaliber wie 7x64, .270 Winchester und .30-06 gleich große Hülsen mit annähernd gleicher Pulvermenge. Diese bewirkt bei gleich schweren Geschossen eine ähnliche Geschossgeschwindigkeit.

Dieses Hülsenformat wurde bereits 1903 für die .30-03 Win als optimal erkannt, 1906 für die .30-06 Springfield, 1912 von Brenneke für seine 8x64, 1917 für die 7x64 und schließlich 1924 von Winchester für die .270 Win übernommen.

Noch heute schätzen v. a. Wiederlader dieses Hülsenformat, das einfacher zu laden ist als die kürzeren Hülsen der .308 und ihre Geschwister.

Wichtiger als die Kaliberwahl ist die Wahl des zur Wildart passenden Geschosses. Das Geschoss allein bestimmt mit seiner Masse, seiner Zielgeschwindigkeit und seiner Konstruktion, was in einem Wildkörper nach dem Auftreffen passiert oder eben nicht, und wieviel Energie im Wildkörper abgegeben wird oder nicht.

Je nach Konstruktion bringt ein Geschoss mehr Sofortwirkung oder mehr Penetration, mit dem gewünschten Ausschuss bei starkem Wild. Über der Baumgrenze oder in einer baumlosen übersichtlichen Steppe ist es egal, wenn ein Wildtier noch Hundert Meter flüchtet: wir sehen ja, wo das Stück hinfällt. In einem Wald mit dichtem Bewuchs ist nicht nur die Sofortwirkung wichtig, sondern vor allem ein Ausschuss für ausreichend Schweiß auf der Fluchtfährte, weil sonst das beschossene Stück nur schwer gefunden wird.

Eine hohe Augenblicks- und Stoppwirkung dazu gleichzeitig einen sicheren Ausschuss, schaffen nicht alle Geschosse gleich gut. Hierfür ist eine Geschosskonstruktion wichtig, die beides kann. Dies sind seit jeher Geschosse, die einen Teil als Splitter abgeben und einen anderen Teil als stabiles Restgeschoss bewahren. Fast alle neueren Geschosse versuchen diesen Spagat zwischen beiden Eigenschaften, außer den reinen Deformationsgeschossen aus Kupfer. Diese Geschosse haben zwar meist eine hohe Penetration, machen auch bei starkem Wild meistens einen Ausschuss, haben aber vor allem auf schwaches Wild wie dem Reh oft keine ausreichende Stopp- oder Augenblickswirkung, wenn wir nicht direkt ‚aufs Blatt‘ treffen. Reine Deformations-Geschosse geben in Wildarten mit wenig Zielwiderstand zu wenig Energie in den Wildkörper ab.

All dies stellt den Jäger vor die Entscheidung, für welche Wildart er sich optimal ausrüsten will. Je universeller eine Kaliber-Geschoss-Kombination sein soll, desto größer sind die Kompromisse, die er eingehen muss. Die Frage ist immer die, was uns an Zielwirkung am wichtigsten ist. Welche Wirkung strebe ich auf welches Wild an? Auf welche Distanz will ich jagen? Es geht immer um einen für die Wildart optimierten Kompromiss zwischen Expansion und Penetration eines Geschosses.

Es gibt bewährte Kaliber-Geschoss-Kombinationen mit dafür passenden Geschossgewichten und -konstruktion wie die der Kaliber 7x64, .270 Win. und .30-06 mit ihrem optimalen Hülsenvolumen. Bis 250 Meter können aber auch Kaliber mit kleineren Pulverräumen wie 6,5x55 und .308 Win noch gut mithalten, jedoch nur mit nicht zu schweren, ausreichend schnellen Geschossen. Gleich schwere Geschosse bringen aus Kalibern mit gleichem Hülsenvolumen annähernd die gleiche Energie. Hohe Geschossgewichte spielen nur für die ausreichende Penetration bei starkem Wild eine wichtige Rolle.

Optimierte Kaliber-Geschoss-Kombinationen in stärkeren Mittelkalibern wie dem 7x64, .270 Win. und .30-06 stehen in der Zielwirkung den Magnumkalibern bis ca. 300 m nicht nach, ohne deren Nachteil des starken Rückschlags. Fast alle Jäger treffen mit moderaten Mittelkalibern auch besser als mit den schnellen Magnum-Kalibern. Man bleibt mit moderaten Mittelkalibern beim Schuss eher im Ziel, sieht also das Stück zeichnen und ist im Falle einer Flucht schneller wieder im Ziel als mit einem Magnumkaliber.

Auch wirken viele Geschosse in moderaten Mittelkalibern besser als in zu schnellen Magnum-Kalibern. Bei deren hohen Zielgeschwindigkeiten, v. a. auf kurze Distanz, braucht es Geschosse, die solche Auftreffgeschwindigkeiten auch aushalten. Die Wahl eines optimalen Geschosses ist für ein Magnum-kaliber viel schwieriger als für ein moderates Mittelkaliber.

Es gibt Geschosse, die eher universell auf verschiedene Wildarten und Distanzen geeignet sind als Spezialisten, die für einzelne Wildarten oder weite Entfernungen optimiert wurden. Die meisten Jäger wollen heute universell für mehrere Wildarten gerüstet sein, wählen also meist sog Universalkaliber, die aber auch universell wirksame Geschosse brauchen. Was für das Reh optimal ist, ist nicht unbedingt für den Hirsche gut.

Was sich seit Jahrzehnten bewährt hat, muss nicht schlechter sein als neue Geschosse. Seit den Anfängen moderner Büchsengeschosse haben sich Zweikerngeschosse wie TIG/ID classic und TUG/UNI Classic und danach Zweikammergeschosse wie das Nosler Partition oder das Swift A-frame und das Blaser CDP als besonders universell erwiesen. Mit deren vielseitigen Eigenschaften können nur wenige moderne Verbundgeschosse mithalten, und dies auch nur, wenn sie schnell genug auftreffen.

Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass Teilmantel-Geschosse mit großer Augenblickswirkung auf schwaches bis mittleres Willd bis zu 50 % ihrer Masse verlieren, so dass die Penetration und Tiefenwirkung bei starkem Wild drastisch abnimmt. Aus diesem Grund wählt man auf starkes Wild besser massestabile Geschosse wie harte Verbund- oder Kupfer-Deformationsgeschosse mit annähernd 100 % Restgewicht, um eine hohe Tiefenwirkung und auch einen sicheren Ausschuss für ausreichend Schweiß auf der Fluchtfährte zu bekommen.

Auf weite Distanz spielt die Form des Geschosses eine wichtige Rolle für die Aufrechterhaltung der Geschwindigkeit. Moderne flugoptimierte Geschosse haben auch deutlich weniger Windabweichung als schwere und langsame Geschosse. Die höchste Wirkung liefert uns auch das beste Geschoss aber nur mit einem optimalen Treffersitz, und der ist auch für moderne Geschosse meistens der hohe Blattschuss. Der rehschonende Lungenschuss verringert die Augenblickswirkung aller Geschosse schon deutlich. Rehwild läuft auch mit einem Herztreffer oft über 100 m weit.

Allerdings zeigt uns die Anatomie einiger Antilopenarten, warum für diese der herznahe also tiefe Blattschuss wirksamer ist, so wie er von allen afrikanischen Prof hunters empfohlen wird: zu hoch wäre hier ein reiner Lungentreffer mit dem Risiko eines Krellschusses wegen tiefliegender vorderer Brustwirbelsäule.

Für den optimalen Treffersitz ist es wichtig, dass wir die Munition ermitteln, die aus unsrer Büchse möglichst präzise schießt. Ein Streukreis von 3 cm auf 100 Meter wären auf 300 m schon 9 cm, also nicht gerade optimal für weite Schüsse.

Je massiver das Wild, um so mehr spielen Solid-Defos ihre Stärke aus. Alternativ schwere und eher langsame TM-Geschosse, die sich mit viel Masse und hoher QB bei geringerer Auftreffgeschwindigkeit weniger abarbeiten und tiefer wirken. Je weiter raus man jagen möchte, umso weicher muss der vordere Geschossteil ansprechen und sollte durch hohen BC weniger Speed einbüßen.


siehe auch: Geschosstypen
siehe auch: Bleifreie Geschosse
siehe auch: Teilmantelgeschoß
siehe auch: Vollmantelgeschoß

Literatur