Curée
Curée, auch Cüree oder Gepfneisch genannt.
Krünitz führt dazu aus: "Cüree, Fr. Curée, das Jagdrecht der Hunde; das, was man, insonderheit nach einer Parforcejagd, den Jagd=Hunden von dem zerwirkten Hirsch überläßt, nachdem vorher der Ziemer, die Keulen und andere Bratenstücke zurückgethan worden." (Band 8, S. 437)
- siehe auch: Weidsuppe
Das Curée wurde vom Valet de chien ausgegeben und i.d.R. auf den Nape ausgebreitet.
Im 13. Jahrhundert beschreibt Gottfried von Straßburg in seinen Versroman >Tristan< (ca. 1210/1215) das Curée:
Dieß nehm in seine Hand ein Knecht.
Nun aber laßt nach Jägerrecht
Auch folgen die Curîe.«
»Curîe? Dê benîe!«
Riefen Alle: »Was ist das?
Wir verstünden Sarazenisch baß.
Was ist Curîe, lieber Sohn?
Schweig, und sag uns nichts davon:
Was es sei, das laß geschehn,
Daß wir es selbst mit Augen sehn.
Dieß thu bei deiner Höfischheit.«
Nun, Tristan war alsbald bereit.
Den Herzrick sucht' er, jenes Ding,
Woran das Herz des Hirschen hieng;
Und schob die Hüllen dran zurück.
Vom Herzen ab das halbe Stück
Schnitt er nach dem spitzen Ende,
Nahm es dann in seine Hände
Auf daß er es halbiere,
Dann kreuzweis theil' in viere;
Warf auf die Haut die Theile nieder
Und kam zu seinem Ricke wieder.
Milz und Lungen löst' er gar,
Daß nichts mehr an dem Ricke war,
Denn auf der Haut lag Alles dort.
Dann schnitt er Rick und Gurgel fort
Von der Brust am obern Ende,
Und sonderte das Haupt behende
Mit dem Gehörne von dem Kragen;
Er befahl es zu der Brust zu tragen.
»Wohl her geschwinde!« hub er an:
»Nehmet diesen Rick hindann:
Wenn etwa arme Leute kämen,
Die ihn gerne von euch nähmen,
Gebt ihnen diesen Rick dann hin;
Sonst thut damit nach euerm Sinn.
Nun komm ich zur Curîe.«
Hin gieng die Compagnîe
Und sah wie seiner Kunst gelinge.
Erst heischte Tristan alle Dinge,
Die er zuvor bereiten laßen.
Nun lag dieß Alles solchermaßen
Gerüstet und bereitet,
Wie Er sie angeleitet.
Es lagen der Quartiere
Von dem Herzen viere
Nach jägerlichen Sitten
Auf der Haut zerschnitten
Alle vier einander nah;
Milz und Lunge schnitt er da,
Dann Magen und Gescheide gar,
Und was der Hunde Weide war,
In Stücke, so kurz und klein
Wie es füglich mochte sein.
Das Alles streut' er auf die Haut.
Darauf begann er überlaut
Und rief den Hunden: »Sa sa sa!«
Alsbald sah man sie alle da
Stehn über ihrer Speise.
»Seht«, sprach der Wortweise,
»Dieß heißen sie Curîe
Daheim in Parmenîe.
Ich will euch sagen auch warum:
Curîe heißt der Brauch darum,
Weil man auf die Cuire legt
Was den Hunden man zu geben pflegt.
So hat die Jägerîe
Diesen Namen Curîe
Von der Cuire hergenommen:
Von Cuire ist Curîe gekommen.
Und fürwahr, es ward den Hunden
Zum Frommen erfunden
Dieser Brauch, der sie erfreut;
Denn was man auf die Cuire streut
Schmeckt ihnen süß, des Blutes wegen,
Und reizt sie noch, der Jagd zu pflegen.
Schaut nun diese Bastkunst an,
Es ist kein andrer Witz daran:
Seht, wie sie euch gefalle.«
»Ach Herre«, riefen Alle,
»Was sagst du, seliges Kind?
Wir sehn wohl, diese Künste sind
Den Bracken und den Hunden
Zu großem Frommen erfunden.«
(Vers 2788-2920, Übersetzer: Simrock)
Weblinks
- Gottfried von Straßburg: Tristan im Projekt Gutenberg und in der Bibliotheca Augustana
- siehe auch: Genuß.
- siehe auch: Parforcejagd.
- siehe auch: Jagdstern.
- siehe auch: Rendezvousplatz.
- siehe auch: Furkie
- siehe auch: Entbästen
- siehe auch: Pfneischen
- siehe auch: Nape
- siehe auch: Valet de chien
Literatur
- Böhme, Klaus: Vom "Rendezvousplatz" zum "Curée". Die Parforcejagd und ihre Auswüchse aus heutiger Sicht. In: Wild und Hund, 17/1995, S. 62-65
- Heppe, Christian Wilhelm von: Einheimischer und ausländischer wohlredender Jäger: oder nach alphabetischer Ordnung gegründeter Rapport derer Holz-, Forst- und Jagd-Kunstwörter nach verschiedener teutscher Mundart und Landesgewohnheit. Regensburg: Montag, 1763, S. 87
- Krünitz, Johann Georg: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft. 242 Bände. Berlin, 1773-1858, Band 8, S. 437 (1776)
- Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einen Nachwort von Rüdiger Krohn. 3. Bände. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 1980
- Stübner, Rudolf: Tristan als Jägermeister — Jagdliches Brauchtum im 13. Jh. auf: wildhueter-st-hubertus.de, download als pdf