Nutria
Nutria | |
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Nutria Foto: Patrick Büker | |
Systematik | |
Ordnung | Nagetiere (Rodentia) |
Unterordnung | Stachelschweinverwndte (Hystricognathi) |
Familie | Stachelratten (Echimyidae) |
Unterfamilie | Myocastorinae |
Gattung | Myocastor |
Art | Nutria |
Wissenschaftlicher Name | |
Myocastor coypus (Molina, 1782) | |
Die (selten: das) Nutria (Myocastor coypus), auch Biberratte oder seltener Sumpfbiber, Schweifbiber, Schweifratte oder Coypu genannt, ist eine aus Südamerika stammende und in Mitteleuropa angesiedelte Nagetierart.
Die Nutria wird gelegentlich mit der aus Nordamerika stammenden Bisamratte verwechselt, die sich gleichfalls in Europa als Neozoon etabliert hat, allerdings kleiner ist und einen seitlich abgeplatteten Schwanz hat.
Die Nutriabestände in Deutschland haben sich von 2006 bis 2016 verdoppelt. Die Nutria richtet erhebliche Schäden an Wasserbauanlagen an, da sie Deichanlagen und Uferbereiche unterhöhlt. Auch schädigt sie Uferröhrichte durch Fraß, wodurch Lebensräume seltener Arten eingeschränkt werden. Die von Nutrias geschaffenen Hohlräume sind sehr groß, die dadurch entstehenden Einstürze im Erdreich können auch den Autoverkehr gefährden.
Die Niederlande haben die Jagd auf Nutrias wegen der Gefährdung ihrer Deichanlagen erheblich intensiviert. Die Bekämpfung der Nutria und des Bisam wird dort durch die Wasserverbände mit festangestellten Fängern organisiert, um Schäden an Dämmen und Deichen zu verhindern. Dort wurde die Population der Nutrias im Landesinneren ausgerottet. An den Grenzen zu Deutschland und an den großen Flüssen werden noch zugewanderte Tiere gefangen.
In Niedersachsen ist mit Wirkung vom 25. April 2018 die Schonzeit für die Nutria aufgehoben worden. Unberührt hiervon bleibt nach wie vor die Elterntierregelung (Muttertierschutz) nach § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes.
Die Nutria ist in die Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung für die Europäische Union aufgenommen worden, was die weitere Einfuhr und Zucht verbietet.
Von Ernst-Otto Pieper [1]
Vorkommen:
- Urheimat sind die subtropischen und gemäßigten Zonen Südamerikas. Dort kommen sie vom südlichen Brasilien bis nach Feuerland vor. Hier standen sie im 19. Jahrhundert kurz vor ihrer Ausrottung. Nutrias sind heute in weiten Teilen Nordamerikas und Eurasiens eingebürgert. Vereinzelte Vorkommen gibt es in Kenia, Japan und West-Australien.
- Werden weltweit in Pelztierfarmen gehalten.
- In Deutschland nach dem 2. Weltkrieg in allen Bundesländern aus Farmen ausgebrochen bzw. freigelassen. Wurden aber auch teilweise zur Schilfbekämpfung an vor allem Fischgewässern ausgesetzt, um Verlandungen zu verhindern.
Aussehen:
- Nutrias wirken plump.
- Die schuppenbedeckte Rute ist kaum behaart und rund.
- Schwimmhäute zwischen den ersten vier Zehen der Hinterläufe.
- Bei erwachsenen Tieren sind die orangefarbenen Nagezähne auffällig.
- Gehöre klein und rund.
- Die fünf Zehen der Vorderläufe haben stark gekrümmte spitze Krallen.
Größe / Gewicht:
- Körperlänge: bis zu 65 cm
- Rutenlänge: ca. zwei Fünftel der Körperlänge.
- Gewicht: 4 bis 12,5 kg
- Weibchen sind kleiner als Männchen
Decke:
- Rötlichbraun, an der Bauchseite leicht gräulich. Aus Pelztierfarmen entflohene Tiere zeigen daneben eine Reihe farblicher Varianten (hellgrau bis fast weiß).
- Das Fell wird häufig mit dem öligen Sekret aus der Mundwinkeldrüse und dem Sekret aus der Analdrüse eingefettet.
- Lange Grannenhaare und dichte, seidige Unterwolle.
- Nutriafelle sind wegen ihrer dichten und äußerst feinen Unterwolle begehrt. Wegen des nicht sehr attraktiven Oberhaars (Grannen) werden die Felle meist gerupft oder geschoren und dann gebügelt.
- 17500 Haare pro qcm.
Zähne:
- Abweichend von den meisten Nagetieren haben Nutrias im Ober- und Unterkieferast jeweils einen Prämolar.
- Die Kaufläche des Oberkiefers fällt schräg nach außen ab. Der Unterkiefer ist in Ergänzung dazu schräg nach innen gerichtet.
I | C | P | M | |
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Oberkiefer | 1 | 0 | 1 | 3 |
Unterkiefer | 1 | 0 | 1 | 3 |
Sinne:
- Bis auf den Gesichtssinn sind alle Sinne gut ausgebildet.
Lautäußerungen:
- Sind Nutrias gereizt oder fühlen sie sich bedroht, dann knurren und brummen sie.
- Zähneklappern
- Weibliche Tiere geben oft keifende Zanklaute von sich, die dem Geschrei von Kindern ähnlich sind.
Lebensraum:
- Bevorzugt pflanzen reiche stehende Gewässer mit großem Schilfgürtel oder Sumpfgebiete.
- Männchen markieren ihren Aktionsraum mit Harn, keine Revierverteidigung.
Lebensweise:
- Legt bis 600 cm lange Gänge an, die mit einer 40 bis 50 cm breite und bis 100 cm tiefe Höhle enden. Die Eingänge liegen auf Höhe des Wasserspiegels und führen schräg aufwärts.
- Die Lebensweise ähnelt der der Bisame.
- Nutrias sind verhältnismäßig standorttreu, sind zumeist sehr scheu und leben paarweise in Kolonien (Familienverbände).
- Hervorragender Schwimmer; Tauchzeit bis 5 Minuten.
- Der Nutria ist nacht- oder tagaktiv, je nach dem, wann und wie oft er gestört wird. Ihre aktivste Zeit erstreckt sich über die frühen Abendstunden.
- Er ist strengen Wintern nicht gewachsen.
- Die Tiere leben entweder paarweise oder in Gemeinschaften von etwa 12 bis 15 Tieren (Eltern und eigene Nachkommen aus mehreren Würfen).
- Werden Nutrias bedrängt, dann wehren sie sich durch beißen.
Ernährung:
- Schilf, Wurzeln, Feldfrüchte. Plündern mit Vorliebe Zuckerrübenfelder und –mieten.
- Selten werden auch Schnecken, Würmer und Süßwassermuscheln gefressen.
Fortpflanzung:
- Monogam
- Ranzzeit ganzjährig.
- Tragzeit 110 bis 150 Tage.
- Jährlich zweimal (selten dreimal) 3 bis 6 (ausnahmsweise bis 12) Junge.
- Die 175 bis 332 g schweren Jungen kommen behaart und sehend zur Welt und können auch sofort schwimmen. Sie folgen der Mutter nach wenigen Stunden.
- Das Nutriaweibchen hat die 6 Milchdrüsenpaare so hoch an der Körperseite (fast auf dem Rücken), dass die Jungen während des Schwimmens gesäugt werden können.
- Die Jungen werden bis zu 2 Monate gesäugt. Schon wenige Tage nach der Geburt nehmen sie zusätzlich pflanzliche Nahrung auf.
- Nach 5 bis 8 Monaten geschlechtsreif (Weibchen bei einem Körpergewicht von 1,5 bis 2,5 kg).
- Nach 30 Monaten ausgewachsen.
Losung:
- Die einzelnen Kotpillen sind 3 bis 5 cm lang und ca. 1 cm dick; deren Oberfläche ist fein gerillt (charakteristisch für Nutrias).
- Die Losung schwimmt im Wasser oder liegt an Fraßplätzen.
Fährte:
- Die Trittsiegel der Hinterläufe sind 12 bis 14 cm lang und damit wesentlich größer als die der Vorderläufe.
- Besonders charakteristisch ist der Abdruck der äußeren Zehen der Hinterläufe, da sie nicht durch eine Schwimmhaut mit den anderen Zehen verbunden sind.
- Die Schleifspur des Schwanzes ist zu erkennen.
Alter:
- In freier Wildbahn ca. 48 Monate.
- Kann in menschlicher Obhut bis 12 Jahre alt werden.
Besonderheiten:
- Nutriafleisch gilt als sehr schmackhaft (soll dem des Spanferkels gleichkommen). Vor dem Verzehr ist in Deutschland eine Trichinenschau vorgeschrieben.
- Nutrias verdrängen Bisame.
- Der Name „Nutria“ ist spanisch und bezeichnet eigentlich den Fischotter.
Weitere Informationen
- DJV-Steckbrief (abgerufen am 03.06.2013)
- Wikipedia - Nutria (abgerufen am 03.06.2022)
- 6. Feldhase, Alpenschneehase, Wildkaninchen, Alpenmurmeltier, Biber, Nutria und Ziesel. (abgerufen am 07.06.2023)
- Niederländische Deiche in Gefahr | ARTE Re:. (abgerufen am 10.06.2023)
- DJV-Online-Vortragsreihe „Wildtiere und Mensch“ | Nutriabejagung. Marcus Henke, Deutscher Jagdverband, (abgerufen am 01.07.2023)
Literatur
- Barkhausen, Annette: Bisam und Nutria – zwei invasive Arten. (Heftreihe Fauna Focus, Heft 64 / 2020), 2020
- Martini, Frank: Südamerikaner mit Biss. Nutriajagd - Deichschutz mit Falle und Gewehr. In: Wild und Hund, 3/2007, S. 36-41.
- Rehage, Heinz Otto: Nutria - Myocastor coypus (Molina, 1782). In: Vierhaus, Henning / Schröpfer, Rüdiger / Feldmann, Reiner (Hrsg.): Die Säugetiere Westfalens. Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde. 46. Jahrg. 1984, Heft 4, S. 266-269 (download als pdf)
- Vauk, Gottfried: Eine neue Wildart in Deutschland? Sumpfbiber oder Nutria. In: Jäger, 5/1992, S. 48-50
Einzelnachweise
- ↑ Nutria. aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 01.08.2023)