Gayer, Karl: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Johann Christian Karl Gayer''', auch Geyer genannt (* 15. Oktober 1822 in Speyer, Rheinland-Pfalz; † 1. März 1907 in München, Bayern) war ein deutscher Forstwissenschaftler. Gayer wirkte zunächst als einfacher Förster, später als Professor für Forstwissenschaft und Fachbuchautor.
'''Johann Christian Karl Gayer''', auch Geyer genannt (* 15. Oktober 1822 in Speyer, Rheinland-Pfalz; † 1. März 1907 in München, Bayern) war ein deutscher Forstwissenschaftler. Gayer wirkte zunächst als einfacher Förster, später als Professor für Forstwissenschaft und Fachbuchautor.
Karl Gayer formulierte die [[Waldreinertragslehre]] die als Gegenposition zur kapitalorientierten [[Bodenreinertragslehre]] anzusehen ist. Damit sprach er sich gegen Monokulturen und Kahlschläge aus. 
Karl Gayer war der Sohn des Kreisarchivars und Zeichners Peter Otto Bernhard Franz Gayer. Während seiner Gymnasialzeit in Speyer wurde Gayer im Alter von zwölf Jahren zum Vollwaisen. Nach Auszahlung seines Erbteils begann er ein Studium der Architektur und Mathematik am Polytechnikum in München. Aus finanziellen Gründen musste er sein Studium jedoch wieder aufgeben und ab 1843 als Forstgehilfe in Bobenthal und im Bienwald arbeiten. 1845 wurde er Forstamtsaktuar. Kurz darauf folgte die Versetzung an das Regierungsforstbüro in Speyer. 1851 wurde er zum Revierförster ernannt und ihm das Revier Weisenheim am Berg zugeteilt. Schon 1855 vertrat er den Kreisforstmeister in Speyer. Im selben Jahr erhielt er eine Professur für Forstwissenschaft an der [[Königlich-Bayerischen Nationalen Forst-Lehranstalt in Aschaffenburg]] und betrieb nebenbei etliche praktische Studien im [[Schwarzwald]], [[Spessart]] und im [[Odenwald]]. Eine Berufung an die Universität Gießen lehnte er 1868 ab.
Im Jahr 1878 kam Gayer mit der Verlegung eines ersten Teils der Aschaffenburger Forst-Lehranstalt an die Universität München (die vollständige Verlegung folgte erst 1910). Man ernannte ihn dort zum Ehrendoktor der Staatswirtschaftlichen Fakultät und berief ihn zum ordentlichen Professor für forstliche Produktionslehre. Vom Wintersemester 1889/90 zum Sommersemester 1890 war er Rektor der Münchener Universität.
Seine beiden Hauptschriften ''"Die Forstbenutzung"'' (1868) und ''"Der Waldbau"'' (1880) waren lange Zeit Standardwerke der Forstliteratur und erlebten zahlreiche Auflagen. Gayer unterstrich darin die Vorteile von Mischwäldern und natürlicher Verjüngung ([[Dauerwald]]) für die Bewahrung der Standortqualität. Damit erweiterte er den forstlichen Begriff von [[Nachhaltigkeit]] erstmals um eine ökologische Dimension:
''„Nachhalt. Es gehört nothwendig zum Begriff des forstwirthschaftlichen Betriebes, daß er seine Produktion für alle, oder doch wenigstens für sehr lange Zeit auf der selben Stelle bethätigt. Soll dieses möglich werden, und von Waldgeneration zu Waldgeneration die Produktion weder in quantitativer noch in qualitativer Beziehung eine Abnahme erfahren, so setzt dieses eine gleichmäßige Bewahrung der Produktionsmittel und eine haushälterische Benutzung derselben voraus; und hierin allein ist das echte Nachhaltsprinzip, dem die Holzzucht bestmöglich zu genügen hat, zu suchen.“'' – Carl Gayer: Der Waldbau. 4. Auflage. Berlin 1898, S. 4–5.
Um 1890 wurden Gayers Lehren und Forderungen in die Wirtschaftsregeln für die Staatswaldungen Bayerns übernommen. Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 1892 – zu seinem Nachfolger wurde [[Heinrich Mayr]] berufen – blieb er noch Mitglied seiner Fakultät. Gleichzeitig wurde er aufgrund seiner großen Verdienste zum Geheimen Rat ernannt und erhielt zahlreiche Ehrenmitgliedschaften und Orden. Im Ruhestand schrieb er noch etliche Bücher.


Die [[Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft]] verleiht in Andenken an ihm die [[Karl-Gayer-Medaille]].
Die [[Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft]] verleiht in Andenken an ihm die [[Karl-Gayer-Medaille]].
:''siehe auch: [[Dauerwald]]


== Werke ==
== Werke ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
*[[Burschel, Peter]]: ''Karl Gayer und sein Lebenswerk.'' In: [[Der Dauerwald]], 8/2008, S. 7-11
*[[Mosandl, Reinhard]]: ''Waldbauwissenschaft auf den Spuren von Karl Gayer.'' In: [[Der Dauerwald]], 8/2008, S. 12-17
*[[Rittershofer, Fredo]] / [[Schölch, Manfred]]: ''Der gemischte Wald in der Lehre: Karl Gayer und waldbauliches Wissen an der Fachhochschule Weihenstephan.' In: [[Der Dauerwald]], 8/2008, S. 18-22


 
[[Kategorie:Forstwissenschaftler]]
[[Kategorie:Personen]]
[[Kategorie:Personen]]

Aktuelle Version vom 9. März 2023, 07:46 Uhr

Johann Christian Karl Gayer, auch Geyer genannt (* 15. Oktober 1822 in Speyer, Rheinland-Pfalz; † 1. März 1907 in München, Bayern) war ein deutscher Forstwissenschaftler. Gayer wirkte zunächst als einfacher Förster, später als Professor für Forstwissenschaft und Fachbuchautor.

Karl Gayer formulierte die Waldreinertragslehre die als Gegenposition zur kapitalorientierten Bodenreinertragslehre anzusehen ist. Damit sprach er sich gegen Monokulturen und Kahlschläge aus.

Karl Gayer war der Sohn des Kreisarchivars und Zeichners Peter Otto Bernhard Franz Gayer. Während seiner Gymnasialzeit in Speyer wurde Gayer im Alter von zwölf Jahren zum Vollwaisen. Nach Auszahlung seines Erbteils begann er ein Studium der Architektur und Mathematik am Polytechnikum in München. Aus finanziellen Gründen musste er sein Studium jedoch wieder aufgeben und ab 1843 als Forstgehilfe in Bobenthal und im Bienwald arbeiten. 1845 wurde er Forstamtsaktuar. Kurz darauf folgte die Versetzung an das Regierungsforstbüro in Speyer. 1851 wurde er zum Revierförster ernannt und ihm das Revier Weisenheim am Berg zugeteilt. Schon 1855 vertrat er den Kreisforstmeister in Speyer. Im selben Jahr erhielt er eine Professur für Forstwissenschaft an der Königlich-Bayerischen Nationalen Forst-Lehranstalt in Aschaffenburg und betrieb nebenbei etliche praktische Studien im Schwarzwald, Spessart und im Odenwald. Eine Berufung an die Universität Gießen lehnte er 1868 ab.

Im Jahr 1878 kam Gayer mit der Verlegung eines ersten Teils der Aschaffenburger Forst-Lehranstalt an die Universität München (die vollständige Verlegung folgte erst 1910). Man ernannte ihn dort zum Ehrendoktor der Staatswirtschaftlichen Fakultät und berief ihn zum ordentlichen Professor für forstliche Produktionslehre. Vom Wintersemester 1889/90 zum Sommersemester 1890 war er Rektor der Münchener Universität.

Seine beiden Hauptschriften "Die Forstbenutzung" (1868) und "Der Waldbau" (1880) waren lange Zeit Standardwerke der Forstliteratur und erlebten zahlreiche Auflagen. Gayer unterstrich darin die Vorteile von Mischwäldern und natürlicher Verjüngung (Dauerwald) für die Bewahrung der Standortqualität. Damit erweiterte er den forstlichen Begriff von Nachhaltigkeit erstmals um eine ökologische Dimension:

„Nachhalt. Es gehört nothwendig zum Begriff des forstwirthschaftlichen Betriebes, daß er seine Produktion für alle, oder doch wenigstens für sehr lange Zeit auf der selben Stelle bethätigt. Soll dieses möglich werden, und von Waldgeneration zu Waldgeneration die Produktion weder in quantitativer noch in qualitativer Beziehung eine Abnahme erfahren, so setzt dieses eine gleichmäßige Bewahrung der Produktionsmittel und eine haushälterische Benutzung derselben voraus; und hierin allein ist das echte Nachhaltsprinzip, dem die Holzzucht bestmöglich zu genügen hat, zu suchen.“ – Carl Gayer: Der Waldbau. 4. Auflage. Berlin 1898, S. 4–5.

Um 1890 wurden Gayers Lehren und Forderungen in die Wirtschaftsregeln für die Staatswaldungen Bayerns übernommen. Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 1892 – zu seinem Nachfolger wurde Heinrich Mayr berufen – blieb er noch Mitglied seiner Fakultät. Gleichzeitig wurde er aufgrund seiner großen Verdienste zum Geheimen Rat ernannt und erhielt zahlreiche Ehrenmitgliedschaften und Orden. Im Ruhestand schrieb er noch etliche Bücher.

Die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft verleiht in Andenken an ihm die Karl-Gayer-Medaille.

Werke

  • Die Forstbenutzung. 1868
  • Der Waldbau. Berlin, 1889
  • Die neue Wirthschaftrichtung in den Staatswaldungen des Spessarts. München, 1884
  • Der gemischte Wald. seine Begründung und Pflege, insbesondere die Horst- und Gruppenwirtschaft. Berlin, 1886

Literatur