Bärenbeisser
Bärenbeisser, auch Bullenbeisser, Bollenbeisser genannt, früher zur Bären- und Saujagd eingesetzter, kräftiger Jagdhundeschlag. Vergleichbar mit den heutigen Rottweilern.
Im Mittelalter waren Hunde von der Art des Bullenbeißers in vielen Ländern Europas verbreitet. In der Neuzeit wurden sie noch als Sauhunde sowie zum „Kampfjagen“ auf Bären und zur „podolischen und ungarischen Büffel-Ochsen-Hatz“ (Wisent) verwendet, wie Johann Friedrich von Flemming 1719 schreibt. In dieser Zeit hatte jedoch eine Entwicklung von reiner Jagdausübung hin zu einer inszenierten Veranstaltung für adlige Gesellschaften stattgefunden. Wo keine Wildtiere zur Verfügung standen, wurde auf Bullen ausgewichen, was von Fleming bereits als nicht waidgerecht kritisiert wurde. Auch waren sie als Fleischerhunde bekannt und hielten wohl Rinder auf Viehmärkten oder während der Schlachtung fest, indem sie sich in die Nase des Tieres verbissen. Im deutschen Sprachraum unterschied man zwei Haupttypen, den großen Danziger und den kleinen Brabanter Bullenbeißer. Letzterer wird allgemein als Vorform des Boxers angesehen.
Krünitz führt dazu aus: "Hunde, welche ziemlich groß sind, kurze gelbliche Haare, einen dicken kurzen Kopf, breite und schwarze Schnauze und weiten Rachen haben, mit den Augen sehr unfreundlich und wild aussehen, dabei aber nicht so hoch von Schenkeln, als stark von Leibe, sind. Sie pflegen gleich in der Jugend an Schwanz und Ohren verstutzet, und auf wilde Schweine, Wölfe, Luchsen und Bären, ingleichen zur Ochsen=Hetz, abgerichtet zu werden. In Ermangelung derselben werden Englische Doggen dazu gebraucht. Weil die Bärenbeisser sehr grimmig sind, und Menschen und Vieh öfters unversehens anfallen: so ist, in den Sächsischen sowohl als Brandenburgischen Gesetzen, solche zu halten, verboten." (Band 3, S. 435)
In England wurden im 16. bis 18. Jahrhundert kraftvolle, speziell für das Bullbaiting (deutsch: Bullenbeißen) Hunde gezüchtet, deren Aufgabe es war, Bullen in Schaukämpfen niederzuringen. Diese alten englischen Bulldoggen des 16. bis 18. Jahrhunderts waren mit den kontinentalen Bullenbeißer dieser Zeit zwar verwandt aber nicht identisch. Während diese Form des Tierkampfes in England hohe Popularität genoss und ein beliebter Sport für Menschen aller Klassen war, fand sie im deutschsprachigen Raum eine geringere bzw. weniger lang anhaltende Resonanz, wie sich an der Entwicklung des Berliner Hetzgartens und des Hetztheaters in Wien ablesen lässt.
Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts beschreibt Georg Franz Dietrich aus dem Winckell 1820 in seinem "Handbuch für Jäger, Jagdberechtigte und Jagdliebhaber" „die auf Bären anzuwendenden Hetzhunde“ wie folgt:
„Bullen- oder Bärenbeißer, eine nicht gar zu große, aber starke, beherzte Hunderace mit dicken, kurzen Köpfen. Sie packen Alles, worauf sie gehetzt werden, sind aber schwer. Man pflegt sie zu mäuseln, d. h. die Ohren zu verstutzen; auch die Ruthe kurz abzuschlagen. Beides geschieht, ehe sie sechs Wochen alt werden. Ihrer Tücke und Bosheit wegen können sie Menschen und Thieren leicht gefährlich werden; aus diesem Grunde ist es in mehreren Ländern nicht erlaubt, sich derselben zu bedienen.“
Heutige Hunderassen, welche auf doggenartige Hunde von der Art des Bullenbeißers zurückgeführt werden, sind beispielsweise die Englische Bulldogge, der Ca de Bou und der Deutsche Boxer.
- siehe auch: Englische Hunde
- siehe auch: Polnischer Hund
Literatur
- Flemming, Johann Friedrich von: Der vollkommene teutsche Jäger. Darinnen Die Erde Gebürge, Kräuter und Bäume, Wälder, Eigenschaft der wilden Thiere und Vogel, So wohl Historice, als Physice, und Anatomice: Dann auch die behörigen Groß- und kleinen Hunde, und der völlige Jagd-Zeug; Letzlich aber Die hohe und niedere Jagd-Wissenschaft Nebst einem Jmmer-währenden Jäger-Calender Mit vielen darzu gehörigen, und nach dem Leben gezeichneten Kupffern, Vorgestellet, colligiret und beschrieben. Martini, Leipzig 1719.
- Heppe, Christian Wilhelm von: Einheimischer und ausländischer wohlredender Jäger: oder nach alphabetischerOrdnung gegründeter Rapport derer Holz-, Forst- und Jagd-Kunstwörter nach verschiedener teutscher Mundart und Landesgewohnheit. Regensburg: Montag, 1763, S. 50
- Krünitz, Johann Georg: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft. 242 Bände. Berlin, 1773-1858, Band 3, S. 435 (1774)
- Otto, Christoph / Stahl, Johann Friedrich: ONOMATOLOGIA FORESTALIS-PISCATORIO-VENATORIA. oder vollständiges Forst- Fisch- und Jagd-Lexicon. Erster Teil, 1772, S. 189
- Winckell, Dietrich aus dem: Handbuch für Jäger, Jagdberechtigte und Jagdliebhaber. Bearbeitet und herausgegeben von Johann Jacob von Tschudi. Brockhaus, Leipzig 1858, S. 188