Alpensteinbock

Aus Jagdfibel
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Alpensteinbock
Systematik
Ordnung Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie Ziegenartige (Caprinae)
Gattung Ziegen (Capra)
Art Alpensteinbock
Wissenschaftlicher Name
Capra ibex
(Linnaeus, 1758)
Paarungszeit Brunft (November-Januar)
Tragzeit (32 Wochen)
Geburtszeit des Nachwuchses Setzzeit (Mai/Juni)
Anzahl des Jungwildes Kitze (1 selten 2)
Zahnformel
Zahnformel Zahnformel für das fertige Gebiss lautet:
          I C P M
          0 0 3 3
          3 1 3 3

Das Milchgebiss hat 20 Zähne.

          i c p m
          0 0 3 0
          3 1 3 0

Der Alpensteinbock (Capra ibex) oder Gemeiner Steinbock – zur Abgrenzung von anderen Steinböcken – ist eine in den Alpen verbreitete Art der Ziegen. Ein weiblicher Steinbock wird Steingeiß genannt.

Das Steinwild wurde früher auch "lebende Apotheke" genannt, da vielen Körperteilen eine heilende Wirkung nachgesagt wurde.

siehe auch: Projekt "Wanderungen von Steinböcken im Lechquellgebiet"



Von Ernst-Otto Pieper [1]

Geschichte:

  • Der Aberglaube Blut (Schweiß), Magensteine (Bezoare), Schläuche, Milz, Knochenmark sowie das Herzkreuz machen unverwundbar, führte dazu, dass bereits Mitte des 16. Jahrhunderts die Jagd auf Steinwild unter körperliche Strafe gestellt wurde.
  • Bis 1850 nahezu ausgerottet.
  • Das Steinwild überlebte nur, weil VIKTOR EMANUEL, König von Italien, das letzte Steinwild am Gran Paradiso unter Schutz stellte und sich das alleinige Jagdrecht erkaufte.
  • Grundstein für neue Bestände (Wiedereinbürgerung) in der Schweiz bildete der 1892 gegründete Wildpark Peter und Paul bei St. Gallen. Die dort gezüchteten reinblütigen Stücke wurden 1911 am Rappenloch im Kanton St. Gallen ausgesetzt. Die zur Zucht verwendeten Tiere stammten aus einer Restpopulation, die am Gran Paradiso im ehemaligen Fürstentum Piemont (Norditalien) lebte.

Vorkommen:

  • Das meiste Steinwild kommt in Norditalien und in der Schweiz vor. Es wird dort wieder regulär bejagt.
  • In Deutschland kommt Steinwild in den Berchtesgadener Alpen (auf der Roth), in der Jochenau (Benediktenwand, seit 1967) sowie in Oberaudorf und Obersdorf vor.
  • Auch in Österreich sind kleinere Bestände vorhanden.

Größe / Gewicht:

Kopf-Rumpf-Länge: Bock: 140 – 170 cm Geiß: 75 – 115 cm
Schulterhöhe: Bock: 85 – 94 cm Geiß: 70 – 78 cm
Gewicht (lebend): Bock: 70 – 120 kg Geiß: 40 – 50 kg

Decke:

  • Steinwild verfärbt im Frühjahr und Herbst.
  • Das Haar ist ziemlich lang, im Sommer kürzer, feiner und glänzender als im Winter und von rötlichgelber bis braungrauer Farbe. Im Winter ist es fahlgelb, matter, etwas gekräuselt und hat eine dichte, weiße Unterwolle. Bauchseite, Spiegel und Hinterseite der Hinterläufe sind weiß.
  • Über den Rücken des Bockes zieht sich ein hellbrauner Rückenstreif (Aalstrich). Bock und Geiß sind ansonsten in der Färbung kaum zu unterscheiden.
  • Der Bock hat einen Bart (im Winter deutlich).
  • Junge Böcke sind in der Regel heller gefärbt als alte.
  • Jungtiere haben nach dem Setzen steingraue Wolle, im Herbst bekommen sie ihr eigentliches Winterhaar.

Zähne:

Dauergebiss: Oberkiefer 0 / 0 / 3 / 3 x 2
Unterkiefer 4 / 0 / 3 / 3 x 2 = 32 Zähne im Dauergebiss
Grandeln kommen nie vor.

Sinne:

  • Vernimmt und windet gut; äugt sehr gut.

Duftdrüsen:

  • An der Schwanzwurzel befindet sich ein Feld von Duftdrüsen (liegt bei umgeklapptem Wedel frei).
  • Voraugen- und Zwischenzehendrüsen fehlen.

Lautäußerungen:

  • Bei beiden Geschlechtern in der Jugend ein ziegenartiges Meckern.
  • Vom Bock ist gelegentlich ein Pfeifen zu hören, nicht so scharf wie beim Gamsbock, aber dafür gedehnter.
  • Erschreckt niest der Bock kurz.
  • Im Zorn schnaubt er, dabei bläst er durch den Windfang.
  • Kitze blöken, wenn sie sich verlassen fühlen.

Lebensraum:

  • Hochgebirgswild Gletscherzone.
  • Es steht höher als das Gamswild; in Höhenlagen zwischen 2000 bis 3000 m (von der oberen Waldgrenze an aufwärts).
  • Steinwild ist standorttreu und bleibt auch im Winter in den höheren Lagen. Der Wintereinstand ist dann jedoch an den steilen Südhängen.
  • Im Gegensatz zum atlantisch getönten nördlichen Alpenrand sagt ihm der kontinentale Zentralbereich der Alpen mehr zu.
  • Steinwild benötigt ein niederschlagsarmes, auch besonders im Winter sonniges Klima. Süd- und Südwest-Expositionen werden besonders im Winter bevorzugt, einmal der Wärme, zum anderen der besseren Äsungsmöglichkeiten wegen.
  • Diese klimatische Abhängigkeit ist auch bei den in den bayerischen Alpen neu gegründeten Kolonien zu beobachten, die in ihrem Populationswachstum aber eine Akklimatisation erkennen lassen.

Lebensweise:

  • Das tagaktive Steinwild steigt und springt außerordentlich gewandt, sicher und kühn. Es findet auch in steilen Felswänden noch Halt. Es läuft schnell und anhaltend.
  • Es lebt gesellig und schließt sich außerhalb der Brunft in Bock- und Geißenrudeln zusammen.
  • In Geißengruppen stehen regelmäßig auch Böcke im Alter von 1 bis ca. 3 Jahren. Verbände mit mehr als 30 Stück Steinwild sind selten.
  • In den Bockrudeln kommt es meist in den Sommermonaten zur Ausfechtung und Festlegung einer Rangordnung. Die Rangordnungskämpfe verlaufen ritualisiert und dienen im soziobiologischen Sinn ausschließlich dazu, sich das Recht der Fortpflanzung durch einen ranghohen Platz zu sichern.
  • Im Herbst unternehmen die Böcke größere Wanderungen, kommen aber zur Brunft zu den Geißenrudeln zurück.
  • Sehr alte Böcke werden gelegentlich zu Einzelgängern.
  • Vorübergehende Einzelgänger kommen bei beiden Geschlechtern in allen Altersstufen vor.
  • In der Brunftzeit vereinigen sich die Rudel zu gemischten Verbänden.
  • Steinwild lässt seine Feinde sehr nahe herankommen, mit der Gewissheit, sich mit 2 – 3 Sprüngen sofort in Sicherheit zu bringen. Bei Gefahr fliehen sie hangaufwärts. Nach einer Fluchtstrecke bleiben sie stehen und sehen sich nach der Gefahrenquelle um.
  • Steinwild gilt als äußerst kälteresistent und kann auch extrem tiefe Temperaturen ohne weiteres ertragen. Erst bei –35° setzt eine Steigerung der Wärmeproduktion (Kältezittern) ein.
  • Steinwild hält sich von Gamswild fern.

Ernährung:

  • Starkes Bedürfnis nach Salz.
  • Die Äsung ähnelt sehr der des Gamswildes: Fichtennadeln, Laub, Gräser, Kräuter, Birken, Alpenrosen, Latschen, Knospen, Ginster, Zweige der Bergweiden, Farne, Moose; im Winter auch aus trockenen Halmen und Flechten.
  • Der Wasserbedarf wird durch Aufnahme von Schnee bzw. durch Ablecken von Eis, im Sommer auch durch Aufnahme von wasserreichen Pflanzen gedeckt.
  • Mit Sonnenaufgang beginnt es äsend aufwärts zu klettern um sich dann an den höchsten und wärmsten, nach Osten oder Süden gelegenen Plätzen zu wärmen.
  • In der kalten Jahreszeit ist das Steinwild den ganzen Tag auf Nahrungssuche.
  • Bei seinen Äsungsgängen hält das Steinwild nicht nur seine Wechsel ein, sondern ruht auch regelmäßig an bestimmten Stellen, am liebsten auf Felsvorsprüngen, die ihm den Rücken decken und freie Umschau gewähren.

Fortpflanzung:

  • Steingeißen werden zwischen 2 ½ und 4 Jahren geschlechtsreif, Böcke ab 3. Lebensjahr.
  • Vollfeiste Böcke besitzen einen Fettanteil von etwa 35 kg.
  • Brunftzeit: Ende November bis in den Februar. Die höchste Brunftaktivität ist von Mitte Dezember bis Anfang Januar. Sie verläuft verhältnismäßig ruhig. In Ausnahmefällen kann es zu einer Nachbrunft im März kommen.
  • Der dominierende Bock steht oft tagelang, von geringeren Böcken unbehelligt, mit charakteristischer „Streckhaltung“ bei der brunftigen Geiß. Sind bei einem Rudel mehrere starke Böcke, kommt es zu einem gelegentlichen, jedoch mehr spielerischen Kräftemessen (kommt auch außerhalb der Brunft vor). Das Zusammenschlagen der Hörner ist dabei weit hörbar.
  • Die Geißen weichen anfangs den sich nähernden Böcken aus. Während der beiden Tage des Eisprungs dulden die Geißen schließlich das Unterschreiten der Intimdistanz durch den Bock. Die Geißen schwenken kurz vor der Kopulation mit dem Wedel und animieren so zum Aufreiten. Nach dem nur wenige Sekunden dauernden Beschlag begleitet der dominante Bock die Geiß noch einige Zeit, um danach wieder mit den anderen Böcken an der Gemeinschaftsbrunft teilzunehmen.
  • Tragzeit: 23 bis 25 Wochen (161 bis 175 Tage).
  • Etwa ab Ende Mai und Anfang Juni sondern sich die hochbeschlagenen Geißen vom Rudel ab, um zu setzen.
  • Es wird 1 Kitz (äußerst selten 2) gesetzt. Späteres Setzen ist möglich.
  • Die Kitze können bereits wenige Stunden nach der Geburt in den Felswänden folgen. Schon kurz nach dem Setzen suchen die Geißen mit ihren Kitzen die Gemeinschaft des Rudels, wobei ebenfalls führende Geißen als Rudelpartner bevorzugt werden.
  • Mutterverbände bevorzugen aus Sicherheitsgründen hohe, steile und zerklüftete Felseinstände.
  • Im Alter von 4 bis 5 Wochen schließen sich die Kitze zu Jugendverbänden zusammen.
  • Kitze nehmen bereits ab der 2. Lebenswoche Grünäsung auf, werden aber fast ein Jahr lang gesäugt.
  • Das Gesäuge hat 2 Zitzen.
  • Bei Gefahr drücken sich die Kitze in Steinspalten oder dergleichen.
  • Die Jungtiere schließen sich innerhalb des Rudels zu einer Art „Kindergarten“ zusammen.
  • Schon im Alter von 35 Tagen überwinden die Kitze in etwa die gleichen Höhenunterschiede wie ihre erwachsenen Artgenossen.
  • Alle Steinbockarten und Unterarten sind kreuzbar. Steinwild lässt sich auch mit Hausziegen kreuzen. Beides kommt in freier Wildbahn aufgrund der räumlichen Trennung bzw. des Hochgebirgs-Biotops nicht vor.
  • Böcke erreichen ein Alter von maximal 15 bis 18 Jahren; Geißen von 16 bis 20 Jahren. Höhere Alterstufen sind seltene Ausnahmen.

Horn:

  • Beide Geschlechter tragen einen Kopfschmuck, der nicht gewechselt wird.
  • Das bogenförmig nach hinten und etwas nach außen gebogene Horn kann beim Bock eine Länge von 1 bis 1,30 m und ein Gewicht von 15 kg erreichen. Das Gehörn der Geiß wird kaum länger als 30 cm (32 – 34 cm).
  • Die Hörner der Böcke haben vorne Hornwülste (Schmuckwülste, Knoten, Schocke). Das Gehörn eines alten Bockes kann bis zu 24 Hornwülste haben. Die Hörner der Geißen haben keine Hornwülste.
  • An der Seite und Rückseite der Gehörne sind rillenartige Vertiefungen, die sog. Jahresringe. Beim Muffel- und Steinwild kann das Alter mit etwas Routine auch auf relativ weite Entfernung am lebenden Stück abgelesen werden.
  • Die Gehörne wachsen von der Basis her.
  • Steinkitze beiderlei Geschlechts sind zunächst hornlos. Mit ca. 4 Wochen sind die Spitzen der winzigen Hörner fühlbar und nach 2 Monaten bereits ca. 3 cm lang
  • Etwa ab Dezember des Geburtsjahres stagniert das Hornwachstum weitgehend und es kommt bis etwa März zur Bildung des ersten Jahresringes. Die Bildung der ersten Schmuckwülste (-knoten) erfolgt im zweiten Lebensjahr nach der Bildung des ersten Jahresringes.
  • Der Zuwachs der Gehörne beträgt im ersten Lebensjahr ca. 9 cm und nimmt dann von Jahr zu Jahr ab. In schneereichen oder nassen Jahren sind die Jahresringe enger als in trockenen, schneearmen Jahren.
  • Ein auffälliger Rückgang des jährlichen Hornzuwachses erfolgt im Alter von etwa 9 bis 10 Jahren.
  • Der Querschnitt des Hornes ist beim Bock dreieckig und bei der Geiß meist oval.

Fährte:

  • Die Schalen sind von der Beschaffenheit her ähnlich denen des Gamswildes. Die Fährte ähnelt deshalb der des Gamswildes, ist jedoch größer.
  • Trittsiegel: 7 bis 10 cm lang und 5 bis 6 cm breit.

Verluste:

  • Nach strengen Wintern steigt die Fallwildquote und es treten vermehrt Erkrankungen auf.
  • Erkrankungen: Lungenentzündung, Parasitenbefall (Räude), Gamsblindheit.
  • In „überbevölkerten“ Rudeln mindert sich die Fortpflanzungsleistung (Äsungsverknappung, steigender sozialer Stress). Einzelne Stücke wandern dann in weniger geeignete Gebiete ab.

Besonderheiten:

  • Steinwild besitzt eine Gallenblase.
  • Bei Stein- Rot- und Gamswild kommt ein kreuzförmiger Knorpel im Herzen vor. Dieses Herzbein (= Herzkreuz = Hirschkreuz) entsteht beim älteren Stück durch Erhärtung der Herzklappen.
  • Bezoare (Magensteine) im Pansen.

Von Ernst-Otto Pieper [2]

Der Alpensteinbock (Capra ibex) ist über die Alpen, die innerasiatischen Hochgebirge, Vorderasien und Nordafrika verbreitet.

Hierzu gehören die Unterarten:

  • 1. Alpensteinbock (Capra ibex ibex)
  • 2. Nubischer Steinbock (Capra ibex nubiana)
    • Er kommt in Palästina, Arabien, Ägypten und im Sudan vor.
  • Sibirischer Steinbock (Capra ibex sibirica)
    • Er kommt in den innerasiatischen Hochgebirgen vor.
  • Abessinischer oder Walasteinbock (Capra ibex walie)
    • Diese Unterart lebt im Semiengebirge.

Alle anderen Arten und Unterarten gehören zu anderen Rassegruppen.

Historisches

Fossile Nachweise von Steinwild in Mitteleuropa reichen bis in die Eem-Warmzeit (vor etwa 140 000 bis 90 000 Jahren). Im antiken Rom wurden „Steinböcke“ zu Zirkusspielen verwendet. Ostwärts des 13. Grades östlicher Länge konnte bisher autochthones Steinwild, auch Fahlwild genannt, (Alpensteinbock) bisher nicht nachgewiesen werden. Dieser Längengrad, auf dem das Berchtesgadener Land liegt, ist der Schnittpunkt östlicher und westlicher Tierrassen. FRANZ VON KOBELL berichtet in seinem 1858 erschienenen Buch „Wildanger“, dass „vor Zeiten im Wettersteingebirge“ (Zugspitzgebiet) der Alpensteinbock heimisch gewesen sein soll. Im benachbarten Tirol kam das Steinwild im Zillertal und Karwendel bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch häufig vor. Von dort aus hat es als Wechselwild sicherlich auch die bayerischen Berge aufgesucht. Es dürfte aber fraglich sein, dass es im westlichen Teil der bayerischen Alpen als rudel- und koloniebildendes Standwild war. Über den Steinwildbestand im Zillertal macht KOBELL für die Jahre 1683 bis 1694 sehr genaue Angaben. Der Höchststand war im Jahr 1694: 72 Böcke, 83 Geißen und 24 Kitze. Der hohe Bestand und das gute Geschlechterverhältnis sind möglicherweise auf die gute Hege der Erzbischöfe von Salzburg zurückzuführen, die seit 1585 Jagdherren des Zillertales waren und als passionierte Jäger das Steinwild besonders schätzten. Sie waren es auch, die im Zillertal Steinwild mit Garnen (Netzen) einfangen ließen um es in den Tierpark Hellbrunn bei Salzburg zu verbringen. Durch das Aufkommen sogenannter „Handpuxen“ (Feuerwaffen) zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde das Steinwild in Tirol fast ausgerottet. Erst durch die strenge Hege unter Maximilian I. hoben sich die Bestände wieder, bis sie im 18. Jahrhundert in Tirol erloschen.

In Deutschland neu gegründete Kolonien

Berchtesgaden

Im Nationalpark Königssee befindet sich die älteste Gründung. 1935 begannen auf Anregung des damaligen Reichsjägermeisters GÖRING die Vorbereitungen. Fachlich-wissenschaftliche Berater waren die Direktoren des Berliner und Münchner Zoos, Dr. LUTZ und Heinz HECK, die wieder mit Dr. SCHUSTER vom Steinwildzuchtgatter Peter und Paul in St. Gallen (Schweiz) eng zusammenarbeiteten. Seinerzeit war das Steinwild in der Schweiz schon sehr erfolgreich wieder eingebürgert. Oberhalb des Königssees, grenzend an das österreichische Hagengebirge und das Steinerne Meer, der sogenannten Röth wurde ein Dauergatter errichtet. Unter der Leitung des damaligen Amtsvorstandes des Forstamtes Berchtesgaden, Forstmeister DIETRICH, wurde in 1700 Meter Höhe das Gatter mit enormem Aufwand errichtet. Das gesamte für den Bau des Gatters benötigte Material (8000 Meter Drahtgeflecht, Bretter usw. für Stadel und dreiseitig geschützte Fütterungen) wurde zunächst über den Königssee verschifft, bis zum Obersee getragen, wieder über diesen transportiert, von hier aus mit einer eigens dafür errichteten Materialseilwinde mit einer Länge von 1400 Meter zum sogenannten Wildtörl oberhalb der Röthwand aufgeseilt und von dort im einstündigen Fußmarsch bis zum Aussetzort verbracht. Das Gatter hatte eine Größe von 12 Hektar und war mit einem 6 Meter hohen Zaun umgeben. Im Gatter befanden sich zwei Fütterungen und ein Vorratsstadel.

Am 14. August 1936 wurden ein Bock und drei Geißen aus St. Gallen auf demselben beschwerlichen Weg in das Gatter verbracht. Es folgten 1937 ein Bock und eine Geiß aus dem Berliner Zoo, 1938 eine Geiß aus dem Tierpark Hellabrunn (München), ein Bock und eine Geiß aus Gran Paradiso (Italien) und zwei Geißen aus dem Berliner Zoo, 1939 nochmals ein Bock und eine Geiß aus St. Gallen und 1942 ein weiterer Bock und zwei Geißen aus dem Berliner und eine Geiß aus dem Münchner Zoo.

Bis 1940 waren folgende Verluste im Gatter zu verzeichnen: vier Geißen (eine entsprungen, eine Labmagenkatarrh, eine Lungenwurmbefall, eine Milzgeschwulst), ein Kitz erblindete sofort nach dem Setzen. Außerdem gingen vier Kitze durch Stoßwirkung der Geißen ein. Um weitere Kitzverluste, sie sind im ersten Lebensjahr sehr stoßempfindlich, zu vermeiden wurden Kitzfütterungen gebaut, an die die Geißen nicht herankamen. 1944 zählte der Bestand 8 Böcke, 19 Geißen und je 1 Bock- und Geißkitz. Aufgrund kriegsbedingter Versorgungsschwierigkeiten wurde 1944 das Gatter geöffnet. Das Wild blieb zunächst in der Nähe des Gatters.

In den Nachkriegsjahren gingen einige ältere Böcke und Geißen ein, die reinrassigen Herkünfte aus der Schweiz und das im Gatter gesetzte Jungwild hielten auch draußen gut durch. Sie haben sich dann bald mit dem ebenfalls vor dem Krieg in der angrenzenden Kruppschen Jagd im Blühnbachtal (Land Salzburg) eingesetzten Steinwild (35 Stücke) vereinigt, so dass man 1947 das vereinigte Rudel auf 70 bis 80 Stücke schätzte. Hiervon gingen in den Jahren 1949 bis 1955 etwa 50% infolge Sarcoptes-Gamsräude ein.

Das Rudel steht bis zum Spätfrühjahr in den Südhängen des Hagengebirges auf österreichischer Seite, in den Sommermonaten in den Nordabstürzen des Kahlersberges, der Teufelshörner und des Wildpalfen, einem schwer zugänglichen Gebiet, wo auch die Geißen ihre Kitze setzen und führen.

Die Mortalitätsrate der alten Böcke und Kitze beträgt bis zu 80%. 1977 wurden 15 Böcke, 11 Geißen und 11 Kitze gezählt. Die immer wieder ausbrechende Räude bringt dem Rudel immer wieder erhebliche Verluste. Eine Auffrischung der Kolonie hat nicht stattgefunden.

Oberaudorf

Im Revier Kiefersfelden / Oberaudorf des Grafen Arco-Zinneberg wurden 1963 drei Böcke und zwei Geißen in einem in 1000 Meter Höhe gelegenen Felsgraben ausgesetzt. Die Tiere hatte man aus St. Gallen bezogen. Von hier aus stellte sich das Rudel im nur 1600 Meter hoch gelegenen Brünnstein, fünf Kilometer von der Tiroler Grenze und 15 Kilometer vom Kaisergebirge entfernt, ein. Nach fünf Jahren hatte sich der Bestand bereits verdoppelt und nach sechs Jahren (1973) bereits versechsfacht. Die Verluste sind bei diesem Rudel außerordentlich gering.

Abgesehen von Ausflügen in die nähere Umgebung, hält sich dieses Steinwild auf nur 120 Hektar am Brünnstein in freier Wildbahn auf, im Winter an den felsigen Südseiten teilweise innerhalb der Baumgrenze, in der restlichen Jahreszeit auf den Nordseiten im Fels. Wie im Berchtesgadener Land lebt es mit Gams eng zusammen und im Sommer kann man es oft an Nordhängen gemeinsam mit Rot- und Rehwild äsen sehen.

Die auf diesem kleinen Raum unzweifelhaft zu hohe Wilddichte führt über Äsungsmangel zur Biotopverschlechterung und Schwächung der Konstitution des Wildes.

Jachenau

Vermutlich aus dem Karwendel zugewandert, stellte sich 1959 in der Benediktenwand der Walchenseeberge ein Steinbock ein und verbliebt dort.

1967 wurden ihm vier aus St. Gallen bezogene Stücke (zwei Schmalschafe und zwei Jungwidder) zugestellt. Dieses kleine Rudel wurde 1970 mit zwei jungen, allerdings blutfremden Steingeißen aus dem Frankfurter Zoo ergänzt. Diese Aktion wurde auf Betreiben des BUND mit Hubschrauber sowie großer Anteilnahme von Öffentlichkeit und Presse durchgeführt. Es wurde ein Misserfolg – die verängstigten Tiere schlossen sich dem örtlichen Rudel nicht an, zogen sich in tiefere Regionen zurück und wurden nach zwei Monaten verendet aufgefunden. Ihnen fehlte offensichtlich jegliche Eignung und Kondition für die freie Wildbahn.

1971 wurde die Kolonie mit einem weiteren Bock und zwei Geißen aus St. Gallen ohne „geräuschvolle Aktion“ erfolgreich ergänzt.

Das forstzoologische Institut der Universität Göttingen wurde mit der Untersuchung des Biotops und des Verhaltens der Benediktenwand-Kolonie beauftragt. Im August 1971 wurden acht Stück Steinwild gezählt, dabei der nunmehr 16jährige zugewanderte Bock als Führer des Rudels und vier Kitze bzw. Jährlinge die 1970 und 1971 dort gesetzt waren. Der alte Bock ist wenige Jahre später abgestürzt. Die effektive Zuwachsrate beträgt jährlich etwa vier bis fünf Stück. Verluste durch Räude wurden bisher nicht festgestellt. Das Geschlechterverhältnis ist ausgeglichen.

Diese Population hat sich 1976 in mehrere Rudel aufgeteilt, die sich immer wieder vermischen und ihr Areal erweitern.

Das Wild wechselt zwischen Nord- und Südlage in der Felsenregion der Benediktenwand im wesentlichen Jahreszeitlich bedingt, wie es auch bei den vorgenannten Kolonien der Fall ist. Weitere Aussetzungen haben nicht mehr stattgefunden.

Oberstdorf

Seit Jahren ist das Steinwild auch im Bereich der Kemptner-Hütte. Vermutlich aus Österreich zugewandert, hält sich eine recht große Kolonie im Raum Kratzer – Trettachspitz und Mädelegabel auf. Weitere Informationen hierüber sind dem Verfasser nicht bekannt.

Jagd

Jagdreisen auf den Alpensteinbock in Österreich u.a. Westfalia Jagdreisen an.

Weitere Informationen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Aplensteinbock. aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 22.07.2023)
  2. Das Vorkommen von Steinwild in Deutschland. aus: Wildhüter St. Hubertus, (abgerufen am 04.08.2023)